Nifff 09: ‚Left Bank‘ – ‚Linkeroever‘: Der Teufel und das Teerloch

left bank inbed

Horror aus Belgien? Keine geschmacklosen Witze bitte. Der Film Linkeroever von Pieter Van Hees schafft es zunächst ganz eigenwillig und stimmig, die junge Marie zu zeichnen, eine zweiundzwanzigjährige Frau, deren Sprinter-Karriere durch eine plötzliche Anämie unterbrochen wird, und die sich hals über Kopf in den Gebrauchtwagenhändler und Bogenschützen Bobby verliebt. Um während ihrer sportlichen Zwangspause nicht dauernd mit ihrer Alt-Hippie-Mutter aneinander zu geraten zieht Marie zu Bobby in den Wohnblock im Industrieghetto am linken Ufer. Der Ehrgeiz, die Frustrationen und die Ängste der jungen Frau (grossartig: Eline Kuppens) zeigt Van Hees überaus stimmig, bis hin zu den Details, dem geschiedenen Vater des Mädchens, der heute als Studiobassist arbeitet, aber einst mit Johnny Hallyday tourte: Die erste halbe Stunde des Film erinnert an Ursula Meiers Des épaules solides.

Und auch die dazwischengeschnittenen (Alp-)Traumsequenzen um ein geheimnisvolles Teerloch im Waldboden (von dem wir später erfahren, dass es im Mittelalter als „cunus diaboli“, als Vagina des Teufels, bekannt gewesen sei) helfen mit, eine drückende Stimmung zu erzeugen. Dann allerdings erinnert immer mehr an dem Film an Rosemary’s Baby und die eigentlichen Überraschungen bleiben aus. Van Hees holt aus dem tristen Vorstadtmilieu und der seltsamen Bogenschützengilde ein Maximum an folkloristischer Depression heraus, dann aber geht die Geschichte ganz wörtlich zum Teufel. Das macht nichts, Linkeroever ist noch immer gut gemachtes europäisches Genrekino und damit eine Rarität. Aber dem Drehbuch fehlt die Konsequenz und die Rafinesse, welche die grossartige Inszenierung und die noch viel grossartigere Hauptdarstellerin eigentlich verdient hätten.

Nachtrag: Silberner Méliès für den besten europäischen Spielfilm am Nifff 2009

Eine Antwort auf „Nifff 09: ‚Left Bank‘ – ‚Linkeroever‘: Der Teufel und das Teerloch“

  1. Das kam jetzt aber verdammt schnell von dir!

    Ich gebe dir aber in allen Punkten Recht, das war über weite Strecken sehr einfühlsam inszeniert.

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