SFT10: MMM – Mehr Manna von der Migros

Nachdem gestern im Stadtheater zu Solothurn die Sektion Film des BAK betont unaufgeregt keine Sensationen angekündigt hat, sondern eine externe Evaluation der bestehenden Filmförderung und eine arbeitsgruppenzentrierte Projektierung möglicher neuer Fördermassnahmen, sind aus dem ziemlich vollen Saal kaum Fragen gekommen, aber für einmal auch keine Vorwürfe. Balsam auf Nicolas Bideaus Seele, zweifellos. Aber entsprechend langweilig halt auch. Die Fakten dazu werden in den nächsten Tagen auf der Website der Sektion Film aufgeschaltet.

Ein wenig anders heute die Medienkonferenz von Hedy Graber vom Migros Kulturprozent: Mehr Geld für den Schweizer Film wurde angekündigt, und diesem Lockruf folgen die Branchenleute nicht nur in Solothurn gerne. Im wiederum gut besetzten Stadttheater liessen sich die Anwesenden von Hedy Graber und Regula Wolf, der Leiterin Finanzierungsbeiträge, erklären, was denn nun bei der Filmförderung des Kulturprozentes neu ist:

Effektiv setzt das Kulturprozent (das sich übrigens auf den Jahresumsatz der Migros bezieht, nicht auf den Reingewinn, und darum 2010 auch wieder ein wenig höher alimentiert ist als im Vorjahr) an einem Punkt an, der gestern auch als Schwachstelle bei der Bundesfilmföderung bezeichnet wurde: der Drehbuch- und Ideenförderung in der ersten Phase. Im Spielfilmbereich können also ab sofort Ideenskizzen von zwei bis drei Seiten eingereicht werden. Die gewählten werden mit 75% des Autorenhonorars (bis max. 15’000 Franken) für die Ausarbeitung eines Treatments finanziert, sofern ein Produzent die restlichen 25% aufbringt.

Beim Dokfilm wird ein Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem schliesslich fünf ausgewählte Projekte bis zur Produktionsreife gefördert werden und ein Siegerprojekt aus den Fünfen dann schliesslich mit den nötigen Herstellungsbeiträgen bis zur Auswertungsreife.

Mit konkreten Zahlen hält sich die Migros traditionell zurück. Als privater Förderer kann sich das Kulturprozent diese Intransparenz leisten, weil sie klar auch einen Vorteil für die Geförderten bietet. Wer eingibt hat wenig Grund, sich um Chancenprozente und mögliche Stückgrössen vom Förderkuchen zu kümmern und die Verantwortlichen haben zumindest theoretisch die Möglichkeit, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Geldern flexibel dort einzugreifen, wo es ihnen sinnvoll erscheint. Das ist eine Freiheit, die den öffentlichen Förderstellen abgeht, sowohl Institutionen wie die Zürcher Filmstiftung wie auch die Bundesfilmföderung müssen ihre Kredite natürlich transparent verteilen. Während man also nur grob schätzen kann, wie viel das Migros-Kulturprozent pro Jahr zur Schweizer Filmföderung beiträgt (2008 gingen etwa knapp 30 Millionen  von total 119,7 Mio. in die gesamte Kulturförderung, für den Film könnten dabei also 2 bis 10 Millionen angefallen sein – ganz grobe Schätzung…), bleibt den Eingebenden jedenfalls immer die Hoffnung, dass Ihre Chancen intakt sind. Bei den öffentlichen Förderterminen gilt es ja immer, ein wenig Voodoo zu betreiben und sich zu überlegen, ob man im Frühling oder im Herbst auf mehr oder weniger Konkurrenz treffen wird.

Private Förderer haben eben den Vorteil, dass sie zu nichts verpflichtet sind. Und den Nachteil, dass man sie zu nichts verpflichten kann. Das wiederum entbindet im Gegenzug die Branche vom Energieaufwand, den die Überwachung der öffentlichen Förderinstitutionen bedeutet. Demokratie ist anstrengend. Das Migros-Kulturprozent ist darum so toll, weil es, getragen von pseudogenossenschaftlichen Stukturen, feudale Verhältnisse herstellen kann, die man auch noch ohne schlechtes Gewissen in Anspruch nehmen darf. Dutti bene.

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