Nifff 10: TRANSFER von Damir Lukacevic

Transfer ©Schiwago Film GmbH

Body Switching ist ein wiederkehrendes Thema im Science Fiction Film, und eigentlich ein überaus filmisches Sujet, machen doch die Schauspielerinnen und Schauspieler im Idealfall nichts anderes. Aber was James Camerons Avatar als eher metaphorischen Vorgang für das Kinoerlebnis schlechthin benutzt hat, nimmt in Transfer von Damir Lukacevic eine andere, nicht zuletzt politisch aufgeladene Position ein. Ein altes Ehepaar (grossartig gespielt von Ingrid Andree und Hans-Michael Rehberg) nimmt das Angebot einer medizinischen Hightech-Firma namens Menzana an, und kauft sich neue junge Körper. Der Haken dabei: Die beiden jungen Schwarzen, in deren schöne Physis die beiden Alten sich transferieren lassen, bekommen ihre Körper jede Nacht während der Tiefschlafphase der Alten für vier Stunden zurück.

Zudem stellt sich heraus, dass die Freiwilligkeit nur bedingt gegeben ist. Apolain und Sarah haben sich auf den teuflischen Deal eingelassen, um ihren Familien in Afrika zu helfen. Nun sind sie körperlich zu Gast in der Villa der beiden Alten, und jede Nacht für vier Stunden zudem in ihrer eigenen Persönlichkeit. Dass sich die beiden verlieben könnten in der kurzen Zeit, damit haben ihre Mieter/Käufer allerdings nicht gerechnet: „Während wir im Tiefschlaf liegen, vögeln diese Neger miteinander“, stellt der entsetzte Herrmann eines Morgens beim Blick unter die Bettdecke fest. Anna hat einen offeneren Zugang dazu, sie schreibt ihr Tagebuch unter anderem auch für Sarah, die es jede Nacht liest. Wirklich kompliziert wird es allerdings, als Anna/Sarah schwanger wird und die beiden Männer ihrerseits das Kind des „Negers“ bzw. „weissen Teufels“ abblehnen.

BJ Britt in 'Transfer' ©Schwago Film GmbH

Was in der Nacherzählung tönt wie eine Groteske, ist unter der Regie von Lukacevic zu einem packenden und sehr realistischen Drama geworden. Nicht nur, dass das Drehbuch die meisten politisch korrekten Fallen umschifft und die Ausbeutungsmetaphorik alte Welt-Schwellenländer nicht einfach plakativ durchwalzt, es gelingt dem Film auch, bei den Figuren glaubhafte Veränderungen aufzuzeigen. Natürlich steht im Hintergrund die skrupellose Firma, die als deus (oder eher diabolus) ex machina das Drama konsequent zu Ende bringt, aber das ist nicht nur der filmischen Dramatik geschuldet, sondern auch dem Publikum, das ein Ventil braucht für die aufgestaute Empörung.

Der Film ist vor allem darum ziemlich grossartig, weil vor allem das alte Ehepaar sehr schön und mehrschichtig gezeichnet wird. Ihre lange Liebe, ihr Schmerz und die Angst vor dem endgültigen Abschied so^rgen dafür, dass man sie nie für hedonistische Egoisten hält. Und das junge Paar wird gerade so weit greifbar, dass ein echtes menschliches Drama im Raum steht.

Transfer ist eine Produktion der Schiwago Film GmbH und wurde bereits mit mehreren Publikumspreisen bedacht. Auch am NIFFF stehen die Preischancen nicht schlecht.

Hans-Michael Rehberg und Ingrid Andree in 'Transfer'

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