Cannes 11: THE BEAVER von Jodie Foster

THE BEAVER par Jodie FOSTER (4)

Der Geniestreich dieses Films ist zugleich seine kommerzielle Achillesferse, zumindest in den USA. Mel Gibson als durchgedrehten suizidären Ehemann zu casten, gibt dieser potentiell absurden Geschichte ein schneidend wahrhaftiges Element. Die Erkenntnis, dass eine so weit degenerierte Existenz wie die seine nicht mehr geflickt werden könne, verpasst sich die von Mel Gibson gespielte Figur selber – über eine alte Biber-Handpuppe, mit der er sich nach aussen hin selber therapiert. Der Biber übernimmt sein Leben und sagt ihm, was er zu tun habe. Und zusammen mit dem Biber übernimmt er wieder die Vaterrolle zuhause, gewinnt seine von Foster gespielte Frau zurück. Sogar in seiner Spielzeugfirma gelingt dank der Energie des Bibers der Turnaround. Bis klar wird, dass der Biber nicht die therapeutische Handpuppe ist, als die er sie ausgibt, sondern eine echte schizophrene Abspaltung und Übernahme.

Nach Mel Gibsons hasserfüllten Ausfälligkeiten und betrunkenen Randalierereien in der Öffentlichkeit ist er in den USA zum Kassengift geworden. Seit ihrem gemeinsamen Auftritt in der Westernkomödie Maverick sind Foster und Gibson befreundet und heute erklärt sie ganz einfach: Ich stehe zu meinen Freunden, wenn sie es nötig haben. Dass Gibson im Film mehr oder weniger sich selber spielt, wird klar im verlauf der Handlung, insbesondere, wenn der ältere Sohn zur Liste der Merkmale seines Vaters, die er nicht übernehmen möchte, auch notiert: Hasst seinen Vater, der seinen Vaters hasste, welcher seinen Vater hasste… Das passt so gut zu Gibsons eigener trauriger Biographie, dass man den Film auch als Therapieangebot Fosters an ihren Freund verstehen kann.

Sicher aber ist der Film, seiner symmetrischen Konstruktion zum Trotz, eher vielschichtig. Zur Handlung um Gibsons Figur kommt parallel die Geschichte seines älteren Sohnes, der sich in ein ebenfalls unter psychischen Blockaden leidendes Mädchen an der Schule verliebt. Wenn diese Parallelhandlung etwas konstruiert wirkt, dann macht das darum nichts, weil ja auch die Biberei und Gibsons Spiel mit verstellter Stimme auf der gleichen Prämisse aufbaut: Nur, wer die Geschichte akzeptiert, wie der jüngere Sohn, erlebt das Ganze zum Nennwert. Für alle anderen ist das entweder eine Zumutung – oder aber ein therapeutisches Vergnügen der Extraklasse. Ein bestechend einfacher, überaus intelligenter Film von Jodie Foster.

THE BEAVER par Jodie FOSTER (1)

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