Locarno 11: SUPER 8 von JJ Abrams

'Super 8' ©UPI
'Super 8' ©UPI

Ein seltsam passender Film für die Eröffnung des Festivals von Locarno. Super 8 ist einerseits reine Nostalgie, andererseits eine von Steven Spielberg produzierte Hommage an Steven Spielberg. E.T. meets Jurassic Park, strukturell nach Vorbildern wie The Goonies oder Standy by Me aufgebaut, aber mit der typischen JJ Abrams Spannungsdramaturgie, die aus Vorenthaltung, Andeutungen und Überraschungen besteht. Und auch die grösste Schwäche des Films ist typisch für Abrams, den Lost-Erfinder: Serienspannung kennt kein Ende und kein Ziel, im Gegensatz zu einem Spielfilm, der von Anfang an eines haben sollte. Aber gehen wir der Reihe nach:

 

Im Zentrum steht eine Gruppe junger Teenager, die einen Super 8-Spielfilm drehen wollen. Jeder der Jungs hat so seine typgerechten Probleme, das Mädchen (Elle Fanning) und der Hauptjunge keine Mutter mehr, dafür überstrenge Väter, die sich hassen. Während des heimlichen Drehs für ihren Zombiefilm erleben die Jugendlichen, wie ein Pickup-Truck offensichtlich absichtlich einen rasenden Güterzug zum Entgleisen bringt, und bald schon steht die ganze Gegend unter Armee-Quarantäne.

Was den Film neben seinen unbestreitbar spektakulären Action-Szenen lebendig macht, ist die Dynamik unter den Kids. Erste Verliebtheit, Eifersucht unter Freunden, die Notwenigkeit, angesichts eines unbekannten Feindes zusammenzuhalten und vor allem die Notwendigkeit, alles vor den Erwachsenen zu verbergen, das sind Elemente klassischer Jugenddramen. Und die funktionieren, vor allem auch darum, weil die jungen Darsteller wirklich gut sind.

Dass die Geschichte sich schliesslich als rabiate E.T.-Variante entpuppt, mindert die Spannung keineswegs, zumal jede zweite Einstellung des Films an das eine oder andere Vorbild von Spielberg erinnert. Das die reine Plotmechanik dabei etliche Standards und Klischees abruft, tut dem Vergnügen auch keinen Abbruch: Es gehört zum nostalgischen Konzept. Gespiegelt wird das denn auch vom Film im Film, dem Zombie-Drama, das die Kids filmen, und das auch nichts anderes sein will, als eine möglichst professionell gemachte Mimikry bestehender Vorbilder.

So gesehen ist Super 8 das filmische Äquivalent zu einer Spielzeugeisenbahn: Eine liebevoll zusammengebastelte Miniaturausgabe all dessen, was „The Real Thing“ spannend und attraktiv macht in den Augen jener, die daran basteln.

Und schliesslich: Angesichts der eigenwilligen Autozensur, welche Steven Spielberg der Reedition seines E.T. seinerzeit angetan hat, indem er Waffen und direkte Gewalt aus dem Film digital entfernte, um ihn nominell kindertauglich zu machen, wirkt Super 8 nun fast wie ein spätes Mea Culpa und eine Rücknahme der PC-Verstümmelung.

und warum genau passt der Film so gut zum Festival von Locarno? Weil auch die Erneuerung dieses Festivals durch Olivier Père durchaus nostalgisch Züge aufweist, eine Rückkehr zur cinephilen Haltung der 80er Jahre, als Kritiker noch angesehene Spezialisten waren, Regisseure meist männlich und automatisch „Autoren“, und der reinen Lust auf Kino alles andere untergeordnet schien. Locarno 2011 präsentiert sich ganz ähnlich wie Super 8 gleichzeitig sehnsuchtsvoll und aufgeschlossen, nostalgisch und zukunftsgerichtet.

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