Locarno 11: HASHOTER von Nadav Lapid

Yaara Pelzig in Hashoter

Yaron ist ein Hashoter, ein Polizist. Allerdings kein gewöhnlicher, sondern Teil einer israelischen Antiterror-Einheit, die normalerweise im Einsatz ist gegen arabische Terroristen, Selbstmord-Attentäter, Staatsfeinde… Yaron und seine Kampfgenossen sind eine verschworene Macho-Truppe, lauter Freunde, welche auch Familienleben und Freizeit teilen. Eine ganze Weile führt Nadav Lapid mit seinem Wettbewerbsbeitrag in diese Machowelt ein, der Film erinnert in der ersten halben Stunde an James Mangolds Copland. Yarons Frau ist hochschwanger, einer der Freunde in der Truppe hat einen Hirntumor und wird darum zum „fall guy“ bestimmt, dafür, die juristische Verantwortung zu tragen in einem Prozess, der den Freunden droht wegen des Tods zweier arabischer Zivilisten bei einem ihrer Einsätze. Die Idee dahinter: Wegen seiner Operation wird er nicht gerichtsfähig sein und das Verfahren wird schubladisiert.

Erschreckend ist nicht nur die Gewissheit und Überzeugung, mit der diese Männer ihren Job machen, sondern auch ihre völlig unironische Macho-Attitüde. Und gerade, wenn man denkt, jetzt habe man das in etwa begriffen, kommt ein Szenenwechsel.

Nun folgt die Kamera einer Gruppe junger Fanatiker, israelische Kids auf dem poetischen Terroristentrip, alles nach Lehrbuch und dem filmischen Vorbild der deutschen RAF-Filme. Einer der Jungen ist verliebt in das Mädchen, das Mädchen wiederum in den charismatischen Terror-Poet, allesamt sind sie Kinder reicher Eltern, und gemeinsam organisieren sie die Entführung zweier Millionäre aus einer Hochzeit heraus, um einen Fernsehauftritt zur Verlesung ihres Manifests zu erzwingen.

Hashoter

Der Reiz der filmischen Konstruktion hätte wohl darin liegen sollen, dass die Anti-Terror-Polizisten plötzlich nicht Araber zu töten haben, sondern israelische Jugendliche. Und auf die Klimax läuft der Film auch hinaus – allerdings mit mehr und mehr logischen Löchern und Motivationslücken.

Wenn der ganze Film seinen Schwächen zum Trotz im Gedächtnis bleibt, dann vor allem wegen der erkennbaren Grundkonstellation, die in einzelnen Momenten auf scheint. Und dann wegen einzelner Perlen wie der Szene, in der eine nächtliche Punktruppe ein Auto in einer Zerstörungswut zertritt und zertrampelt, während die Besitzerin, die junge Terror-Aspirantin aus dem Hintergrund heraus leicht fassungslos zusieht, nicht wissend, wie sie diesen Zerstörungsakt nun in ihr eigenes revolutionäres Weltbild einordnen soll.

Hashoter ist auf jeden Fall ein Film aus Israel, der den Aspekten der letzten Jahre noch einen weiteren hinzufügt, einer der die Unsicherheit gegenüber Recht und Anspruch im Staat noch weiter auffächert. Völlig durchdacht wirken allerdings weder der Film noch die Widersprüche, die er auftischt.

Nadav Lapid
Nadav Lapid

Kommentar verfassen