Locarno 12: SOMEBODY UP THERE LIKES ME von Robert Byington

Somebody Up There Likes Me 4

Lakonie kann etwas Tröstliches haben, die Groteske ringt dem Horror des Alltags ein Lachen ab. Aber bei diesem Film ist die Unbeteiligtheit der Figuren an ihrem eigenen Leben eher erschreckend. Somebody Up There Likes Me könnte sich dieser Max durchaus sagen. Schliesslich fällt ihm, der keine Ahnung hat, was er will, und noch viel weniger, was er nicht will, sozusagen alles in den Schoss. Alterslos hängt er durch sein Leben, eine Ehe mit Sohn und Sex mit dem Kindermädchen, er wird reich durch die Heirat, arm durch die Scheidung und wieder reich durch Zufall und Ahnungslosigkeit.

Und die ganze Zeit über begleitet ihn ein blauer Koffer, den ihm sein Vater hinterlassen hat, mit dem Hinweis, ihn nie zu öffnen. Immer, wenn nichts mehr geht, tut er es trotzdem. Der Inhalt des Koffers wird nie gezeigt, aber ein Licht strahlt aus ihm heraus, und das Glück des Mannes, das genau so gut als Unglück gesehen werden kann, scheint davon beeinflusst.

Somebody Up There Likes Me 5

Im Vergleich zur Leere der kalifornischen Bimbos in Starlet ist die Leere der Figuren dieses Films eher eine Art Ennui, eine dekadente Unterforderung durch das Leben. Insofern könnten die meisten der gut inszenierten und geschriebenen Szenen durchaus einen Nachhall haben – wenn der Film zugleich auch nur eine Spur von Herz aufzuweisen hätte. Die Lakonie und Ergebenheit der Protagonisten erinnert an Aki Kaurimäki. Aber ihre Gefühlslosigkeit macht sie zu Playmobil-Zombies.

Somebody Up There Likes Me 3

Keine Ahnung, worauf Robert Byington hier abzielt. Der Film ist Ausdruck eines grossen Talentes; die absurd an der Oberfläche bleibenden Begegnungen der Figuren erinnern an Kinder, welche Szenen spielen, deren Sinn sie nicht erfassen können: Going through the motions. Aber ob wir hier der Geburtsstunde (oder der Wiedergeburt) eines besonders perfiden Humors beiwohnen, oder doch eher einem Film, der seine eigene Oberflächenversiegelung zum Thema hat, mag ich vorläufig nicht entscheiden. Geschult ist das Verfahren an etlichen Vorbildern, es erinnert an Seinfeld, an Buster Keaton und auf der erzählerischen Ebene an John Kennedy Tooles Roman „A Confederacy of Dunces„.

Somebody Up There Likes Me 2

Aber es fällt schwer, einem Film das Herz zu öffnen, der sich über das Problem mokiert, dass seine Protagonisten keine Probleme haben. Ob sie heiraten, bei der Psychiaterin sitzen, fremdgehen oder Restaurantgäste gezielt schlecht bedienen: Sie bleiben emotionslos gelangweilt und distanziert – und das ist letztlich wohl die Haltung, die der Film auch von mir verlangt.

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