NIFFF 13: DARK TOUCH von Marina de Van

DARK TOUCH

Marina de Van ist nicht zum ersten Mal am NIFFF, vor zwei Jahren war sie in der Jury. 2009 lief Ne te retourne pas von ihr hors concours im offiziellen Programm von Cannes. Ihr jüngster Film zeigt einmal mehr, dass es ihr ernst ist mit düster, und dass ihr einiges liegt an starken Bildern. Aber nach wie vor gelingt ihr die Gratwanderung zwischen Genrekino und kunstwilligem Trauma-Thriller nicht völlig.

Dark Touch ist eine Variation auf Carrie von Brian De Palma (von dem uns übrigens dieses Jahr noch ein veritables Remake von Kimberley Peirce ins Haus steht). Niamh ist elf Jahre alt, als ihre Eltern und ihr kleiner Bruder in einer einzigen grausamen Nacht ums Leben kommen, im eigenen Haus, erschlagen mit Möbeln und Gegenständen. In der Folge nimmt das befreundete Nachbarsehepaar sie bei sich auf, und eine liebevolle Schulpsychologin kümmert sich um ihr Trauma. Und alle versuchen ihr auszureden, dass der Tod ihrer Familie ihre Schuld gewesen sei.

DARK TOUCH 2

Als sich langsam steigernder Horrorfilm ist Dark Touch durchaus gelungen. Aber die spürbar grösseren Ambitionen der Filmemacherin bleiben bald auf der Strecke.

Das Thema des Films, Kindsmissbrauch, ist überdeutlich vorgezeichnet. Zwar verläuft die Entwicklung vom übersinnlichen Thriller zur monströsen Rachephantasie nicht ohne wirklich starke Momente, aber die Figurenzeichnung wird der Dramaturgie untergeordnet. Die ebenso verständnisvollen wie ahnungslosen Erwachsenen benehmen sich zeitweise dermassen unerwartet unsubtil, dass man sich als Zuschauer geschubst vorkommt.

Und wenn am Ende die Auflösung des Plots in einer grotesken Parodie auf das Shakespearsche Theater im Theater mit allen Effekten durchexerziert wird, bleibt leider die Überraschung aus. Viel mehr als die Feststellung, dass Erwachsene Kindern furchtbare Dinge antun können, ist das nicht. Der Horror allerdings, der dringt durch und bleibt hängen – für sich genommen ist diese Sequenz Grand Guignol mit Widerhaken.

Vielleicht würde Dark Touch als dreckiger kleiner Genrefilm mit klar überzeichneten Figuren und grellen Effekten besser in Erinnerung bleiben, sein Echo jedenfalls verklingt nicht so schnell. Aber es klingt ein wenig hohl.

Monica Bellucci, Marina de Van, Sophie Marceau 2009 in Cannes ©sennhauser

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