Cannes 14: RELATOS SALVAJES von Damián Szifrón

RELATOS SALVAJES par Damián Szifrón 2

Etwas wirklich Vergleichbares zu diesem Film aus Argentinien habe ich in Cannes noch nie im Wettbewerb gesehen. Schwarzer Humor kommt immer wieder vor, bei den Coens oder auch bei Tarantino. Aber diese „neuen Wilden“ von Damián Szifrón, die haben andere Vorbilder.

Es ist ein Episodenfilm, dessen Geschichten gemeinsam haben, dass jemand seine Wut nicht mehr schlucken mag und zurückschlägt. Das ist komisch und grotesk, etwa wenn sich zwei Autofahrer auf einsamer Bergstrasse so weit provozieren, dass am Ende beide tot sind.

RELATOS SALVAJES par Damián Szifrón 1

Es ist aber auch immer wieder so überraschend und witzig inszeniert, dass man eigentlich nichts über den Film erzählen darf, um seine Wucht nicht zu gefährden. Die Almodovar-Brüder sind die Produzenten und als Vorbild könnte man am ehesten Joel Schumachers Falling Down mit Michael Douglas nennen, jenen wohl bekanntesten Durchdreher-Film von 1993.

RELATOS SALVAJES par Damián Szifrón 3

Dass Menschen rot sehen, ist ein nicht ungewöhnliches Filmmotiv. Aber wie schamlos man mit der Lust des Publikums spielen kann, sich manipulieren zu lassen: Das ist doch immer wieder überraschend.

RELATOS SALVAJES par Damián Szifrón 5

In einer der Episoden ist der grosse Ricardo Darrín der Wutbürger, der die Verwaltungsschikanen von Buenos Aires nicht mehr hinnehmen mag. Da ist es hilfreich dass er von Beruf Sprengingenieur ist. Und am Ende applaudiert das ganze Gefängnis…

RELATOS SALVAJES par Damián Szifrón 6

Nein, mehr soll nicht verraten sein. Einen besseren Eindruck vermittelt eh der Trailer – keine Sorge, geht auch ohne Spanischkenntnisse:

Auch dieser Film weist über sich selber hinaus und sein anarchisch-grotesker Zugriff auf wachsende Zivilisationsfrustrationen und -Ängste trifft den Zeitgeist präziser, als man zunächst wahrnehmen mag. Aber gleichzeitig ist das wohltuend unterhaltsam und befreiend. Wutbürger sind wir schliesslich alle.

Damián Szifrón © K&S Films & EL DESEO
Damián Szifrón © K&S Films & EL DESEO

Kommentar verfassen