Assayas und Liebesgeträller

Es gibt Tage wie den heutigen, da zeigt sich deutlich wie sehr auch ein renommierter Anlass wie das Filmfestival von Cannes der lokalen Politik unterworfen ist. Der erste französische Wettebwerbsbeitrag „Les chansons d’amour“ ist ein überaus banales Singspiel um einen jungen Mann und zwei junge Frauen. Leider sieht der junge Mann (Louis Garrel, Sohn des Filmregisseurs P. Garrel) aus wie der junge Jean-Pierre Léaud bei François Truffaut und benimmt sich auch so. Das reicht, damit den französischen Cineasten die Tränen kommen, da kann der Film noch so dünn sein, die Musik und die Chansons noch so banal. Und der gespannt erwartete neue Film von Olivier Assayas, ein als B-Movie angekündigter Quickie-Thriller mit dem Titel „Boarding Gate“ ist leider auch genau das: Ein schludrig geschriebener Pseudo-Reisser, technisch gut umgesetzt in Paris und Hongkong, aber mit einer Asia Argento, die wie üblich völlig überspielt und einem Michael Madsen, der offensichtlich zu keinem Zeitpunkt genau wusste, was er da spielen sollte…

Auch wenn dieser Film in der Nebensektion „Und certain regard“ präsentiert wurde, hat er seine einzige Berechtigung dadurch, dass das Festival seinem gelegentlichen Liebling Assayas die Treue halten wollte. Aber eben: DAS französische Filmfestival kommt nicht ohne französische Filme aus, notfalls zeigt man eben auch Unterdurchschnittliches. Das Trällerfilmchen „Les chansons d’amour“ läuft übrigens dieser Tage in Frankreich im Kino an und gleichzeitig in der Westschweiz. In die Deutschschweiz werden es diese Liedchen bestimmt nicht schaffen.

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