Alexandra

Alexander Sokurow, der Meister aus Russland, der uns hier in Cannes schon mit Hitler-Phantasien («Moloch») und den letzten Tagen des japanischen Kaisers erstaunt hat, der Mann, der einen ganzen Film in einem Museum in einer einzigen Einstellung gefilmt hat («Russian Ark»), hat einen Weg gefunden, einen russischen Blick auf den Tschetschenienkrieg zu werfen, der weitgehend berührt, manchmal verstört und ein paar Fragen aufwirft. Die Opernsängerin Galina Vishnevskaya spielt Alexandra, die Grossmutter eines russischen Hauptmannes in Tschetschenien. Sie kommt ihren Enkel im Militärlager besuchen und dabei entsteht ein Kriegsfilm ohne Kriegsbilder, eine Besinnung auf das was es heisst, Männer in den Krieg zu schicken, was es heisst, ein Land zu besetzen. Der Film ist dort am stärksten, wo der Blick der alten Frau, die absurden Regeln und Bedingungen des Soldatenlebens deutlich macht. Und er hat seine grössten Schwächen dort, wo es konkret um den politischen Anspruch Russlands an Tschetschenien geht. Bei manchen der Dialoge zwischen Alexandra und den Einheimischen, die sie rund um das Lager trifft, hatte ich das Gefühl, Sokurov habe sie mit einem unruhigen Seitenblick auf Putin geschrieben, dermassen verquast und philosophisch verbrämt bringen sie die Dinge nicht konkret auf den Punkt. Der Film ist emotional eindeutig und klar gegen den Krieg und gegen den Kampf. Wenn er aber Worte bringt, wirkt er sehr vorsichtig. Genützt hats nichts, Alexander Sokurov ist nicht nach Cannes gekommen, um seinen Film vorzustellen. Aus gesundheitlichen Gründen, wie es hiess.

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