Früher oder später (Wettbewerb)

Lola Klamroth in ‚Früher oder später‘

Es mutet wie eine tolle Idee an, einen Film mit Peter Lohmeyer zu drehen, in dem seine 14jährige Tochter Lola Klamroth die Hauptrolle spielt. Und wahrscheinlich fanden die Produzenten und Geldgeber (inklusive ZDF) das alle einhellig, so dass niemand auf die Idee kam, die Dialoge im Skript von Regisseurin Ulrike von Ribbeck und ihrer Co-Autorin Katharina Held zu lesen. Wenn man sie aber hört, im Kino, dann gibts kein Halten mehr.

„Immer schön weiter füttern“, sagt der verantwortungslose junge Vater (Harald Schrott) zu seinem entenfütternden Sohnemann in Windeln am Seeufer, während er versucht, die Tochter (Lola Klamroth) seiner Nachbarin, mit der er früher mal was hatte, zu verführen. „Was machen wir bloss?“ fragt die verzweifelte Mutter (Beata Lehmann), nachdem die Tochter beim Gartenpicknick mit Gästen den verführungslustigen Nachbarn und Alt-Ex der Mutter mit dem Revolver des Vaters angeschossen hat und geflüchtet ist.

„Ich hol mal die Taschenlampe aus dem Keller“, sagt der Vater (Lohmeyer).

Dazu ist der ganze Film mit Referenz-Einstellungen voll gepackt, insbesondere Kubricks Lolita wird über und über zitiert, mal hat Lola einen Lollypop im Mund, mal liegt sie im Bikini auf dem Gartenstuhl, mal lackiert sich die ansonsten überflüssige Tante die Fussnägel und dann sieht man Nora gar mit dem Hoola Hoop Reifen reifeln.

Der Film war eine unfreiwillige Lachnummer im Pressevorführungskino in Locarno. Denn das ist die Tücke der Festivals: Ist die Heiterkeit unter den Presseleuten mal ausgebrochen, ist sie kaum mehr zu bremsen.

Dabei hat die Sache durchaus radikale Ansätze. Es ist eine bitterböse Geschichte, nahe an der der Realität und radikal direkt umgesetzt. Vielleicht zu direkt, denn alles, was zwangsläufig, bzw. zwingend sein sollte an der Geschichte, ist nun erst mal absehbar und leicht abgeschmackt.

Autorenfilme sind ein gefährliches, tückisches Geschäft; dramatische Ideen kippen leicht und bei Früher oder später ist nun leider eine ganze Menge gekippt. Man darf getrost annehmen, dass in der Auswahlkomission des Festivals von Locarno niemand Deutsch versteht. Anders ist nicht zu erklären, dass dieser Film den Weg in den Wettbewerb gefunden hat, man tut ihm keinen Gefallen damit.

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