Joshua (Wettbewerb)

Roman Polanski hat mit Repulsion und mit Rosemary’s Baby die Geschichte des Horrorfilms nachhaltig beeinflusst. Seither sind viele epigonale Filme über das Böse im Alltag die Lethe hinunter geschwommen, es war Zeit für eine Neuevaluation. Mit Joshua hat George Ratliff das Kunst(handwerk)stück geschafft, der Film ist die perfekte Synthese von „Rosemary’s Baby“ mit der kommerziell erfolgreichen The Omen-Tetralogie. Joshua ist ein 9jähriger Junge in New York, den die unerwartete Ankunft einer kleinen Schwester in eine tiefe Eifersuchtskrise stürzt. Schon in den ersten zehn Filmminuten erklärt er seinem Vater, dass dieser keineswegs verpflichtet sei, ihn zu lieben. Und von diesem Moment an verdichten sich die subtilen Zeichen, dass der Junge (Jacob Kogan, der auftritt wie ein Klon von Fredi Murers Klavier-Wunderkind Vitus) nicht nur erschreckend intelligent ist, sondern offensichtlich auch eine eigene Vorstellung davon hat, was seinem Leben fehlt. Joshua ist ein Film ohne Spezialeffekte, ohne offensichtliche Horrorelemente (abgesehen vom wirksamsten aller Kinohorror-Elemente, dem starren Blick eines Kindes in die Kamera). Das ist schweisstreibend und manchmal wunderbar bösartig, politisch unkorrekt und aufgeladen wie fast alle amerikanischen Horrorfilme vor einer heimlichen Angst vor dem christlichen Fundamentalismus. Joshuas Mutter ist Jüdin, die Eltern des Vaters sind bigotte Christen, der Familienhorror wäre garantiert auch ohne die Präsenz des eifrigen Jungen. Handwerklich ist das der bisher perfekteste Film im Wettbewerb, und konsequenterweise auch der erste, der schon ganz klar seiner kommerziellen Kinoauswertung entgegen schaut (Fox Searchlight).

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