Die Magie des leeren Kinosaals

„Ob das Auge phallisch und der Blick männlich, das Ohr dagegen vaginal und der Gehörsinn weiblich besetzt seien, ist seit Georges Bataille und Laura Mulvey Gegenstand heftiger Gender Debatten.“ Das ist einer der Sätze von Hansmartin Siegrist im ziemlich speziellen Kinobuch „Les visiteurs du soir – Pariser Projektionen“, das die Basler Künstlerin Bettina Grossenbacher vor kurzem herausgebracht hat. Ihre Fotografien von Pariser Kinosälen, alle jeweils entstanden, kurz bevor sich auf der Leinwand die Welt ausbreitete, sind wunderbar und eine Gelegenheit zum Eintauchen in diese Magie des Versprechens vor dem Film. Das kleine Buch ist ein Glücksfall für all jene unter uns, die von und für dieses immer wieder neu gesuchte Versprechen leben. Dabei sind die Fotografien für sich ziemlich evokativ. Aber die eigentliche Tiefe und das kinomässig Schmökernde bekommt der Band durch den untertitelartig fliessenden, überaus anregenden und assoziativen Text von Hansmartin Siegrist, der dafür sorgt, dass die (noch) leeren Leinwände auf den Bildern nicht nur Projektionsflächen sind, sondern dünne Trennwände vor einer Welt der Ideen und Einfälle.


Offenlegung: Hansmartin Siegrist war mein Lehrer an der Uni, er ist ein Freund von mir und er ist mein Vermieter. Diese Erwähnung des Buches zieht keinen Mietnachlass nach sich.


Bettina Grossenbacher, Hansmartin Siegrist Les visiteurs du soir – Pariser Projektionen

Mai 2007, 160 Seiten, 22×16,5 cm, ca. 70 Farbabbildungen, gebunden
CHF 42.00 / € 28.00

ISBN: 978-3-85616-322-8 Christoph Merian Verlag, Basel

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