Ang Lee – Zuviel Sex für die Amerikaner

Tony Chiu-Wai Leung und Wei Tang in ‚Se, jie‘ (2007)

Nur Tage bevor Ang Lees jüngster Film mit dem adäquaten Titel Se jie (Lust, Vorsicht) am Filmfestival von Venedig Weltpremiere feiert, hat die Jugendschutzkommission der Motion Picture Association of America (MPAA) dem Film eine NC-17 certification verpasst. Damit werden normalerweise besonders krude Horrorfilme ausgezeichnet, deren Publikumspotential damit von vorneherein auf eine eingeschränkte Zielgruppe reduziert wird. Ein Riesenerfolg, wie ihn Ang Lees Brokeback Mountain auch in den USA feiern konnte, ist damit ausgeschlossen.

Sowohl die New York Times wie auch der britische Guardian haben heute entsprechende Artikel online. Der Grund für das harsche Rating sind offenbar ein paar akrobatische und explizite Sexszenen mit Tony Leung und der Newcomerin Wei Tang. Gemäss dem Artikel bei der NYT ist Ang Lee überzeugt, dass diese Szenen absolut notwendig sind für seine Umsetzung einer Kurzgeschichte der chinesischen Autorin Eileen Chang. Für die Auswertung des Films in China war allerdings von Anfang an eine geschnittene Fassung vorgesehen. Sex und alles, was an Geschlechterpolitik damit zusammenhängt, hat in den meisten Filmen von Lee eine wichtige Rolle gespielt. Allerdings, so Lee in der NYT, hätte er es besonders hart gefunden, sich für diesen Film in die Welt der im asiatischen Raum hochverehrten Autorin Eileen Chang einzufühlen: „Es gab Tage, da hasste ich sie dafür. [ihre Welt] ist so traurig, so tragisch. Aber dann wird dir klar, dass es in ihrem Leben ein Defizit an Liebe gibt, an romantischer Liebe, an Familienliebe. Das ist die Geschichte über das, woran die Liebe für sie gestorben ist.“

Ich bin gespannt, ob der Film in den USA zum Kulturpolitikum wird, wie seinerzeit The Last Tango in Paris. Oder ob sich einfach wieder einmal zeigt, wie sehr Business (auf das die MPAA Ratings letztlich abzielen) und Kunst voneinander isoliert werden können im Kino. Insofern ist der Film weiterhin das wohl schillerndste Kulturphänomen überhaupt.

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