Bideau schmeisst wieder Steine ins Wasser

Nicolas Bideau in Cannes Mai 2008 (c) sennhauser

Kurz vor dem Filmfestival Locarno und dem von ihm veranstalteten Tag des Schweizer Films, versucht Bundesfilmchef Nicolas Bideau wieder einmal, eine Mediendebatte zur Filmförderung zu lancieren. Wie gewohnt macht er das mit ein paar halbgaren, provozierenden Aussagen zu möglichen Reformen in der Förderpolitik. Und wohl weil ihn in diesem Monat noch niemand freiwillig dazu befragt hat, hat er das einem Journalisten der sda diktiert. Gestern lief das über den Ticker. Nach der Sprungmarke folgt der Text von der sda und unsere Reaktion in DRS2aktuell von heute als MP3 zum nachhören:

Nicolas Bideau propagiert neuen Ansatz bei der Filmförderung – Subventionen nurmehr für solide vorbereitete ProjekteGespräch von Philippe Triverio, SDA

Lausanne (sda) Nicolas Bideau bereitet neue Reformen für die Filmförderung vor. Er will Autorenfilme, die solider vorbereitet sind und so mehr Publikum ins Kino locken. Von den Produzenten erwartet er mehr Mut zur Aufgabe gewisser Projekte während der Entstehung.

«Radikale Massnahmen sind nötig, um das Schweizer Autorenkino konkurrenzfähiger und qualitativ höherstehend zu machen», sagte Bideau der SDA. Für den Filmchef des Bundesamts für Kultur (BAK) ist der Begriff «Autorenfilm» synonym mit Kunst- und Experimentalfilm.

Dieses Genre findet derzeit zu wenig Publikum, weil «zu viele Filme vor Drehbeginn ungenügend ausgearbeitet sind». Seiner Meinung nach wird in einer zu frühen Phase der Produktion beim Bund, dem Hauptgeldgeber, Antrag auf Förde-rung gestellt.

«Ich habe zwei Jahre lang Schweizer Filmprojekte durch ausländische Produzenten begleiten und beobachten lassen. Sie sind zum Schluss gekommen, dass unsere Filme zu schlecht vorbereitet in die Phase der Produktion treten.»

«Aber Vorsicht», unterstreicht er, «ich wälze nicht die ganze Schuld auf die Produzenten ab. Möglicherweise haben auch die Subventionsgeber die Bedeutung der Vorbereitungsphase unterschätzt».

Mut zum Rückzug

Bideaus Ansicht nach hat sich das Schweizer Autorenkino nie wirklich mit der Frage der Projektentwicklung auseinandergesetzt. Allzuoft konzentriert sich die Aufmerksamkeit einzig auf die Realisation und den Regisseur.

«Aber die Konkurrenz wird immer stärker. Deshalb braucht es auch die Bereitschaft, ein laufendes Projekt fallen zu lassen und die zentrale Rolle des Produzenten in dieser Projektphase anzuerkennen. Denn der Produzent ist am besten dazu geeignet, das künstlerische Universum des Autors auf die Leinwand zu bringen».

Im Ausland sei es absolut normal im Autorengenre, ein Projekt zu entwickeln und dennoch nicht zu realisieren. «Dort werden nur die die solides-ten Projekte auch wirklich gedreht. In der Schweiz dagegen wird die Arbeit an einem Film selten abgebro-chen».

Gegen das Giesskannenprinzip

Nicolas Bideau gibt zu, dass das BAK selbstkritisch über die Bücher gehen muss. Bisher sei zu sehr nach dem Giesskannenprinzip gefördert worden: zu kleine Beiträge an zu viele Produktionsfilme.

Das sei mit ein Grund, dass die Projekte ungenügend ausgear-beitet seien, denn es sei sehr schwierig, anderswo als aus der öffentlichen Hand Unterstützung für die Ent-wicklungsphase zu bekommen. Bideau zieht darum in Erwägung, weniger Produktionsfirmen zu unterstützen, dafür mit höheren Beiträgen.

«Das sollte die Qualität der Projekte verbessern», so der BAK- Filmchef. «Die Subventionshöhe muss noch mit der Branche und meinen Vorgesetzten ausgehandelt werden. Letztere unterstützen aber prinzipiell das geplante Vorgehen».


Mein Kommentar dazu im Gespräch mit Ellinor Landmann von DRS2aktuell: Bideaukommentar 080724.mp3

Kommentar verfassen