Comrades in Dreams

Comrades in Dreams (c) trigon-film
Comrades in Dreams (c) trigon-film

Ein Dokumentarfilm über Kinobetreiber: Da sollte uns ja das Herz aufgehen. Der (Ost-) Deutsche Uli Gaulke hat sich allerdings nicht die industrialisierten Kinopaläste ausgesucht, sondern vier Verteidiger des traditionellen Kinoerlebnisses. Comrades in Dreams führt uns nach Burkina Faso, nach Indien, nach Nordkorea und in die Tiefe der amerikanischen Provinz. Das ist ein sorgfältig und klug gebauter Dokumentarfilm, Gaulke zeigt den indischen Zeltkinobetreiber, die drei cinéphilen Jungunternehmer in Burkina Faso, die linientreuen nordkoreanischen Filmvorführer und die über Familientragödien in ihr Provinzkinogeschäft geschlidderte Amerikanerin in erster Linie als Menschen, die den Traum vom Kino in harter Arbeit am Leben halten. Offenbar hat Gaulke

(gemäss einem Interview im aktuellen gedruckten filmbulletin) bei seinen Recherchen noch etliche andere Kinobetreiber besucht und sich dann schliesslich auf diese vier konzentriert: Asien, Indien, Afrika, Nordamerika. Und ein eigenartiger roter Faden führt durch den Film: Es ist James Camerons Titanic, der zeitgenössische Inbegriff des Hollywoodschen Überwältigungskinos. Die indischen Landbewohner können mit dem Film nichts anfangen, die Afrikaner lieben ihn wie die Amerikaner und die Koreaner haben keine Chance, ihn je zu sehen zu kriegen. Und für mich persönlich ist Titanic auch ein Berührungspunkt zu Gaulkes Film. Oder eben nicht. Denn mir geht es mit „Comrades in Dreams“ wie es mir seinerzeit mit Titanic erging: Ich sehe das Konzept, ich verstehe die Attraktion, die es auf sein potentielles Publikum ausübt, allein, ich bleibe draussen, bei mir fliegt der emotionale Funke nicht. Insofern ist „Comrades in Dreams“ für mich zur Knacknuss geworden. Schliesslich bin ich cinéphil, kinoverrückt, filmsüchtig und ich habe den gleichen Hang zur Nostalgie wie die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen, die das Kino noch in seiner Zeit als Traumpalast erlebt haben. Aber bei diesem Dokumentarfilm geht mir das alles nur im Kopf auf und nicht im Herzen. Liegt es am klaren Konzept? Liegt es daran, dass für die Protagonisten ihr Kino nicht nur Traum und Hobby ist, sondern auch Beruf und Lebensunterhalt, also Geschäft? Auch bei Titanic hat mir konzeptuell alles eingeleuchtet, die süssliche Liebesgeschichte, das überspitzte Klassendrama. Und doch fragte ich mich von Anfang an, wo das Drama liegt in einem Film der eine der bekanntesten Sensationsgeschichten der Welt erzählt.

„Comrades in Dreams“ ist ganz offensichtlich ein gut gemachter, gezielt auf den Punkt gebrachter Film. Und ich bin überzeugt, dass er für die meisten Leute auch funktionieren dürfte. Ich habe mein Herz einfach schon früher verloren an die Kinokinofilme The Last Picture Show von Peter Bogdanovich (und die eigenartige Fortsetzung Texasville), an Ettore Scolas Splendor (und nicht etwa an den schamlos süsslichen Nuovo Cinema Paradiso), oder Joe Dantes Matinée.

Comrades in Dreams läuft ab 7. August im Kino in der Deutschschweiz. Spielorte und Information: trigon-film.

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