Ursula Meier: Ein „Home“-Spiel mit Volldampf

Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann
Ursula Meier ("Home") und Presseagentin Esther Bühlmann

Diese Frau ist phänomenal! Dass Ursula Meier mit Home einen der interessantesten Schweizer Kinoerstlinge gelungen ist, wissen wir seit der etwas überhasteten Vorführung in einer séance spéciale der Kritikerwoche in Cannes im letzten Mai. Dass sie mit Olivier Gourmet und Isabelle Huppert und drei jungen Nachwuchstalenten auf einem verlassenen Airfield in Bulgarien ein Ensemblestück komponiert hat, das alleine schon durch seine konsequente Grundidee zum Instant-Klassiker geworden ist, wird auch kaum jemand bestreiten. In der Westschweiz ist der Film auch vom Publikum bestens aufgenommen worden, ob das in der Deutschschweiz klappt, wissen wir dann ab dem 19. Februar, wenn der Film ins reguläre Kinoprogramm kommt. Aber Ursula Meier war schon diese Woche in Zürich und hat unermüdlich Interviews gegeben.

Und mit unermüdlich ist das, was sie da leistet, nur sehr unzulänglich umschrieben. Schon die Terminfindung mit Presseagentin Esther Bühlmann war ein Erlebnis: Da fragte ich nach den üblichen dreissig Minuten, die wir für eine normale Reflexe-Sendung in der Regel brauchen. Und bekomme die Auskunft, Frau Meier möchte lieber eine ganze Stunde reden. In Paris hätten ihr die allzu kurzen Interviews zugesetzt. Na wunderbar! Normalerweise sind es die Journalisten, die um ein paar Minuten mehr kämpfen müssen. Und dann stellt sich am heutigen Termin auch noch heraus, dass Ursula Meier ein sogenannter „Selbstläufer“ ist, das sind Interviewpartner, die man mit einer einzigen Frage so in Gang bringen kann, dass man danach eigentlich nur noch die Aussteuerung der Aufnahme kontrollieren müsste. Dabei redet sie gelinde gesagt druckreif (französisch) und meist dermassen clever und spannend, dass ich in Versuchung kommen werde, eine Fortsetzungssendung aus dem Material zu machen. Und es ist auch nicht so, dass sie am Gesprächspartner vorbeiredet, im Gegenteil: Jede Zwischenfrage, jedes Nachhaken löst einen kompletten neuen Gedankengang aus. Dass sie, nach mehreren Interviewmarathons in mehreren Ländern, längst Baukastengedanken und Baukastensätze beieinander hat, wie sonst die viel älteren Medienprofis, das ist nicht zu überhören. Aber keiner ihrer Sätze wirkt reproduziert, und jeder Gedanke zeugt von einer ungeheuren Energie. Ihr Thema, so sagt sie selber, sei das jusqu‘ au bout, das Bis-ans-Ende-Gehen. Das macht sie mit ihren Figuren, aber auch bei ihrer Arbeit. Und eben beim Interview. Ich weiss nicht, wieviele von uns sie diese Woche in Zürich geschafft hat. Aber die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich reden konnte, sind sich alle einig: Müde wird Ursula Meier, wenn überhaupt, erst ganz lange nach den Journalisten. Ich werde auf jeden Fall wieder mit ihr reden wollen. Egal über was, eigentlich. Am liebsten aber auch gleich über ihren nächsten Film!

Die Reflexe-Sendung zu Home von Ursula Meier, mit Ursula Meier, ist vorgesehen auf den Starttag des Films, am 19. Februar auf DRS 2, um 11 Uhr und um 22 Uhr. Nicht verpassen, oder dann zumindest den Podcast hören!

4 Antworten auf „Ursula Meier: Ein „Home“-Spiel mit Volldampf“

  1. Wenn der Film soviel Energie hat, wie offenbar die Filmerin, dann dürfen wir uns ja wirklich darauf freuen. Zudem ist die Frau Huppert ja auch immer ein sicherer Wert.

  2. Sehr guter Film – können Sie mir bitte sagen, wer die Filmmusik am Anfang spielt, das Saxophonstück?

    Gruß und Dank JS

  3. @ Jürgen Schreiber: Der Filmproduzent Thierry Spicher meint:

    „Hello Bonjour
    Si je ne fais erreur il s’agit d’un morceau de django reinhardt, mais je dois encore vérifier
    Amicalement“

    [Wenn er das verifiziert hat, melde ich es gerne weiter]

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