Berlinale09: Selbstverständlich tödliche Frauen

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Zwei Filme haben mich hier in den ersten Tagen verblüfft mit ihren Protagonistinnen. Einerseits Lille Soldat von Annette K. Olesen aus Dänemark, die Geschichte einer dänischen Soldatin, die aus dem Irak zurückkommt und kaum mehr Fuss fassen kann zuhause. Und da war der Panorama-Eröffnungsfilm Human Zoo von und mit Rie Rasmussen. Die Filmemacherin spielt eine Frau, welche die Balkankriege der 90er Jahre an der Seite eines waffendealenden Deserteurs überlebte und dann nach Marseille geflüchtet ist. Der Film ist ganz sicher nicht gängiges Kino, er benimmt sich eher wie eine Underground-Produktion, die allerdings nicht so aussieht (weil zuviel Geld für die Produktion da war, wie ein sehr geschätzter Kollege auf dem Klo bemerkte). Vor allem aber spielt der Film mit weiblichen Gewaltfantasien auf eine Art, die das Mainstreamkino nicht bedienen würde. Die Hauptfigur hängt an ihrem Retter / Beschützer / Macker mit einer Hassliebe, sie verabscheut seine Gewalttätigkeit, trägt sie aber lange Zeit mit und schliesslich setzt sie ihre Waffenkenntnis und Erfahrungen mit physischer Brutalität in Marseille auch ein, um eine Freundin aus den Händen von Mädchenhändlern zu befreien. Der Film arbeitet von Beginn weg mit drastischen Bildern einer Misshandlung, die allerdings später einem anderen Kontext zuzuordnen sind. Ausserdem rekonstruiert Rasmussen in kühlen, um nicht zu sagen coolen, Bildern eine Kriegsszene in einem Dorf (im Kosovo?) mit Mord und bestialischer Vergewaltigung. Die von der Regisseurin selbst gespielte Frau ist attraktiv und sexy und erinnert mit einer Pistole in der Hand eher an eine dieser lasziven Ballertrinen aus einschlägigen Games (oder an Luc Bessons Nikita). Insofern hat Rasmussen hier keine Scheu gezeigt, weibliche Gewaltfantasien umzusetzen, sie so zu bedienen, wie das konventionelle Actionkino es mit den männlichen tut.

Annette K. Olesen andrerseits macht zwar klar, dass ihre Hauptfigur, die ‚kleine Soldatin‘, die verstörte Kriegsheimkehrerin, durchaus mit Gewalt umzugehen weiss. Als Fahrerin einer Prostituierten setzt sie gewalttätige Freier schnell ausser Gefecht und schlägt einen Bordellbesucher nieder. Aber das ist nicht als female empowerment inszeniert, sondern beiläufig und selbstverständlich, als Resultat ihres Trainings. Dennoch gibt es auch in ‚Lille Soldat‘ eine weibliche Triumphszene. Nachdem die Frau nämlich den bösartigen Freier im Bordell niedergeschlagen hat, jubeln ihr drei der Prostituierten zu und nennen sie fortan respektvoll „Soldat“.

Die sehr unterschiedliche Handhabung dieser Bilder von gewaltätigen Frauen und ihr jeweiliges Echo im anderen Film haben mich berührt. Hier werden auf jeden Fall nicht männliche Amazonen-Fantasien bedient, sondern beide Filmemacherinnen haben – auf ihre jeweils sehr eigene Art – eine weibliche Inszenierung weiblicher Gewalt geschafft. Und beide mit einer gewissen Selbstverständlichkeit, welche die ganze Gender-Diskussion hier eigentlich ausschliesst.

Lille Soldat Trine Dyrholm by Mike Kollöffel

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