Cannes 09: Thirst

Thirst von Park Chan-Wook

Park Chan-Wook aus Südkorea hat hier in Cannes mit seiner Rachegroteske Old Boy 2003 verblüfft und zum Teil aufgeregt. Seine Rachetrilogie ist abgeschlossen, und mit Thirst hat er nun ein altes Lieblingsprojekt durchgezogen. Es handelt sich um eine weitere, raffinierte Dekonstruktion des Vampir-Mythos. Von der Anlage (und natürlich dem Titel) her erinnert der Film sehr an Tony Scotts The Hunger mit Catherine Deneuve und David Bowie von 1983, allerdings ist es hier ein Priester, der zum Vampir wird und urplötzlich gegen die Animalität in sich selber ankämpfen muss. Natürlich kann das gar nicht anders als grotesk und damit bisweilen auch urkomisch daherkommen. Aber Park Chan-Wook hält perfekt die Balance zwischen der Ernsthaftigkeit des Genrefilms und der Groteske.

Der Plot leiht sich überall dort Elemente, wo sie seiner Überführung in einen modernen Alltag dienlich sind. So wird der Priester bei einer Bluttransfusion in Afrika zum Vampir, wo er eigentlich hingegangen ist, um als Freiwilliger in einem Forschungsprojekt rund um einen Virus teilzunehmen. Damit sind nicht nur Ebola und Co. im Spiel, sondern auch die Wurzeln des animalisch Bösen, die auch einschlägige Filme wie The Exorcist und seine Nachfolger gerne in der Urwelt des schwarzen Kontinents ansiedelten. Dass der Priester dann mit seinen neu erwachten Trieben auch noch in die Ehe eines Jugendfreundes eindringt, der Frau verfällt und ihren Wünschen gemäss nach dem Schema von Double Indemnity und Co. den Ehemann umbringt, ist eine weitere der vielen Genre-Kapriolen, die sich der Regisseur hier leistet. In erster Linie aber ist die De-Romantisierung des Vampirmythos, seine Überprüfung auf die komischen und die tragischen Elemente hin, der eigentliche Verdienst von Thirst. Seit Millionen von Teenagern vom keuschen Vampirismus nach Twilight träumen, sehnt sich jeder Liebhaber des Genrekinos nach so einer zynisch-vernünftigen Aufräumaktion in Sachen Blutsauger und Zubeisser. Dass es Park Chan-Wook dann aber gleichzeitig auch noch gelingt, wieder neue romantische Momente einzubringen, beweist die Vitalität des Mythos und die Kunstfertigkeit des Regisseurs. Das Schlussbild des Films entlässt einen schon wieder träumend aus dem Kino.

Thirst Song Kang-Ho Kim Ok-Vin
Song Kang-Ho und Kim Ok-Vin in 'Thirst' von Park Chan-Wook

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