James Lee aus Malaysia soll bisher eigentlich ein ganz manierlicher Filmemacher gewesen sein. Histeria hat auch durchaus manierliche Momente. Allerdings stolpert noch vor dem Vorspann ein hübscher Teenager in Schuluniform durchs Portal einer klosterähnlichen Schule auf die Strasse – blutüberströmt, mit Wunden an den Armen, und mit starrem Blick. Im Spital wird die junge Dame dann dem Polizisten und dem Arzt erzählen, was übers Wochenende in der Schule passiert ist.
Die ‚Pink Ladies‘, eine ziemlich aufsässige Gruppe von Schülerinnen, hat im Wald mit einem alten Ritual („… aus dem Internet…“) einen bösen Dschinn beschworen und dann erfolgreich die dämonische Besessenheit der Hübschesten unter ihnen vorgetäuscht. Zur Strafe müssen die fünf zu Ferienbeginn drei Tage länger in der Schule bleiben und putzen. James Lee lässt sich Zeit, schliesslich hat er mit dem genregerechten Einstieg in den Film schon klar versprochen, was das geneigte Publikum erwarten darf. Um so länger und genüsslicher kann er den Auftritt der grossen Zähne darum herauszögern. Und das gereicht dem Film zur Ehre: Die Zeichnung der rebellischen, eifersüchtelnden Mädchen, ihrer Ängste, Hoffnungen, Hackordnung und Spielchen geht deutlich weiter, als genreüblich zu erwarten wäre. Das sind keine Klischee-Chicks, sondern gut entwickelte Figuren, die man sehr schnell mit individuellen Zügen kennenlernt. Und ganz nebenbei vermittelt der Film fast dokumentarische Einblicke, nicht in den malaysischen Alltag natürlich, aber doch wenigstens in einen Teil des Schulsystems.
Schliesslich geht das Morden los, und das übliche Abzählvers-System der Teenager-Dezimierung wird mit Varianten durchgespielt – ohne allerdings allzu sehr im Schema einschlägiger amerikanischer Filme hängen zu bleiben. Überraschend ist dabei auch, dass zwar Blut und Gore ganz schön ausgespielt werden, dass aber jegliche Erotik aussen vor bleibt. Der Blick auf die Schulmädchen bleibt neutral, wirkt allenfalls sogar väterlich. Das ist mit einem guten Gespür für Timing inszeniert, die Darstellerinnen der Mädchen sind überzeugend, und der Auftritt einer kleinen Katze wird dafür sorgen, dass manche Kinobesucherinnen sich eine Weile nach dem Film nicht mehr in die eigene Wohnung trauen werden.
Und schliesslich rundet Lee den Film ebenfalls genreüblich mit einem fortsetzungfreundlichen Schlussbild ab, allerdings nicht ohne ironischen Schlenker, wenn der von Anfang an leicht dümmlich gezeichnete Polizist das geschundene Mädchen nach stundenlanger Erzählung (und damit der eigentlichen Filmhandlung) lapidar fragt, ob das alles sei, an das sie sich erinnern könne.
Auch mit diesem Film beweist das NIFFF, dass es sich lohnt, auf die Kinoimpusle aus Asien zu achten. So wie Italien in den sechziger und siebziger Jahren via Kommerz- und Schundkino zum filmischen Labor geworden ist, so funktioniert heute das Echo auf Hollywood, das aus Asien kommt.
Danke für die Filmrezension zu „Histeria“. Ich habe von dem Film bisher noch nichts gehört und konnte leider auch keinen Trailer dazu finden, aber die Story hört sich interessant an. Ich schaue mir gerne mal Horrorfilme aus Asien an, die ja oft von Hollywood kopiert werden und finde dass einige Originale durchaus mit den teureren amerikanischen Versionen mithalten können, zum Beispiel „The Grudge“. Das Fernbleiben von erotischen Szenen in „Histeria“ lässt sich vielleicht mit der starken muslimischen Prägung in Malaysia erklären. Vielleicht gibt es ja irgendwann ein amerikanisches Remake, bei dem solche Szenen dann bestimmt vorkommen.