Locarno 09: ‚La donation‘ von Bernard Emond

la donation

Landarzt trifft Landärztin. Ganz so simpel ist Bernard Émonds La donation nicht. Aber beinahe. Der Film, durchaus filmisch erzählt und in schöne Bilder gehüllt, wirkt wie der Pilot zu einer neuen TV-Ärzte-Serie. Da sucht ein alter Landarzt eine Vertretung für einen Monat, mit dem Hinweis, dass damit auch eine Nachfolge verbunden sein könnte – vorausgesetzt, die Vertretung erklärt sich bereit, Hausbesuche zu machen. Die Frau Doktor Dion, die sich darauf hin meldet, merkt bald, dass der alte Arzt ein aufopferungsvoller Vater für seine Patienten war und ist, und sie versucht nach Kräften, dem gerecht zu werden.

Der Rest des Films besteht, wie üblich bei Artzromanen und -Serien, aus verschachtelten Einzenschicksalen, die alle an die Person der Frau Doktor angeknüpft werden. Seltsamerweise fährt immer sie nachts zufällig an die Unfallopfer heran, trifft den seltsamen Bäcker, den granteligen Millionär, die abtreibungswillige 16jährige und natürlich die Kinder der krebskranken Mutter, die Angst haben, von ihrem abgehauenen Vater entführt zu werden. Der Film ist eben so ernsthaft wie ruhig, seine Konstruktionen fallen erst gegen Ende auf, und wenn der alte Arzt stirbt und seiner designierten Nachfolgerin die Praxis vererbt, dann scheint sich alles zum runden Schluss zu fügen. Zumal die Schwester des alten Arztes, eine Nonne, die noch zögernde Frau Doktor schon wird zu überzeugen wissen.

La donation ist einer dieser Filme, bei denen man eine ganze Reihe handwerklicher Qualitäten aufzählen kann, wenn man möchte. Tut man es aber, muss man sich eingestehen, dass man im Begriff ist, eine filmische Banalität aus lauter gutem Willen aufzuwerten. Vielleicht, weil man so beeindruckt ist, vom Willen zu dienen, den der alte Arzt seiner Nachfolgerin subtil ans Herz legt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Émond diesen Film als Gegenentwurf zur urbanen Hektik von ER, Doctor House und Konsorten versteht. Aber viel bleibt von der bittersüssen Idylle trotzdem nicht im Gedächtnis. Im Wettbewerb von Locarno steht La donation brav im Abseits, ein Routineprodukt aus Kanada.

Pardofell

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