Schön ist er geworden, Christoph Schaubs neuer Film, nach einem Drehbuch von Martin Suter, das dieser ursprünglich für den verstorbenen Daniel Schmid geschrieben hatte. Es ist ein Ensemble-Film in episodischer Gleichzeitigkeit. Giulia (Corinna Harfouch) ist auf dem Weg zu einem Essen zur Feier ihres fünfzigsten Geburtstages, als ihr in der Strassenbahn eine alte Frau erklärt, das Alter mache unsichtbar. Und tatsächlich verschwindet nicht nur Giulias Spiegelbild im Fenster, sondern auch sie selber fühlt sich plötzlich unsichtbar, als sie in einer eigentlichen Panikattacke auf die Strasse hinausstürzt. Zum Glück trifft sie wenig später auf den charmanten John (Bruno Ganz), mit dem sie den Abend verbringt, während ihre Freunde, im Restaurant auf sie wartend, immer heftiger über das Älterwerden diskutieren.
Im Altersheim wird ein Geburtstag gefeiert, und zwar der einer störrischen Frau, die lebendiger wirkt als ihre Tochter, und in einem Schuhgeschäft laufen zwei Teenager beim Klauen von Turnschuhen dem Ladendetektiv in die Hände. Giulias Verschwinden hat einen ganz ähnlichen Aufbau wie Schaubs letzter Film Happy New Year. Beide spielen in einer Nacht in Zürich, allerdings ist der neue mit Martin Suters geschliffenen Dialogen in Hochdeutsch gedreht und noch dichter über die Figuren und ihre Begegnungen verküpft. Und es gibt neben den vorzugsweise in Paarkonstellationen arrangierten Figuren noch die absolut umwerfende Sunnyi Melles als Alessia, eine attraktive Un-Alters-Megäre, ein zeitloses Prachtweib, das nicht nur dem Alter den Kampf angesagt hat, sondern auch allen Versuchen der anderen, das Älterwerden schön zu reden:
Giulias Verschwinden ist elegant und raffiniert auf jeder Ebene. Das Schauspieler-Ensemble spielt in Höchstform, die Musik von Balz Bachmann und das Sounddesign von Peter Bräker sind subtil und mitreissend, Kamera und Schnitt unaufdringlich flüssig. Allenfalls über die Bildqualität liesse sich streiten, da fehlt mir derzeit aber noch der definitive Eindruck. In der Medienvorführung im Kursaal in Locarno sind die Kontraste etwas abgesoffen, das Bild wirkte gesamthaft oft etwas gar weich. Mehr zu Christoph Schaub und seinen bisherigen Filmen gibt es in diesem Swissfilms-Portrait-Dossier (pdf), das ich mitverfasst habe. Und mehr zum Film, dem Drehbuch und der Musik gibt es in unserer werktäglichen 25minütigen Locarno-Sendung am Montag zu hören, mit Martin Suter, Christoph Schaub und Balz Bachmann.
Als Zürcher muss ich jetzt natürlich nörgeln, dass das keine Strassenbahn ist (die da ja sowieso Tram heissen würde), sondern ein Bus, in dem Giulia ihre Reflektion nicht mehr sieht.
Oh, stimmt. Fährt ja auch viel zu schnell, um ein Zürcher Tram zu sein :)
Und wenn es ein Cobra gewesen wäre, hätte die Kamera noch viel mehr gerüttelt.
Toller Film, und glücklicherweise dann auch tolles Wetter auf der Piazza. Das Rampenlicht hat „Giulias Verschwinden“ verdient.
„Schön ist er geworden“? Schön zahm, ja, wenn nicht gar schön langweilig! Ein TV-Format auf Grossleinwand, Zitterkamera von A-Z (zum Glück sassen wir weit hinten), vergeblich die Hoffnung auf Einlösung aller Versprechen von SamstagabendWeltpremièreBrunoGanzMartinSuter. Schade.
ich muss da widersprechen,
der film ist echt toll, sehr lustig und die kamera ist auch einfach mal genail,nicht zittrig!
ich fand den film total gut! corinna harfouch und bruno ganz, wunderbare schauspieler! aber auch die anderen, einfach genial. wieder einmal ein film, ohne action und nicht ami-like, sondern einfach genau dem leben zugeschnitten!
Auf der Stelle
dreht sich
das Thema
immer ums Alter
rum
es gab Witzigeres von Suter-Beresina!