Locarno 09: ‚Akadimia platonos‘ von Filippos Tsitos

akadimia platonos sitzung

Endlich zieht der Wettbewerb des Festivals von Locarno noch ein wenig an. Akadimia platonos, die platonische Akademie sozusagen, ist der ironische Titel, den Filippos Tsitos seinen Herumsitzern gibt, dieser Gruppe von Männern um die fünfzig, welche an einem kleinen Platz in Athen ihre drei heruntergrkommenen Läden bewirtschaften. Oder eben nicht. Denn eigentlich sitzen sie wie uralte Korsen bei Asterix bloss vor dem Laden von Stavros, schimpfen über die Albaner und die Chinesen, die überall fleissig arbeiten, und schwärmen von den alten Zeiten, als sie noch an Rockkonzerte gingen, zum Beispiel eines von Rory Gallagher, kurz nach dem Ende der Junta. Dass einer der Kerle auch noch seinen Hund dazu abgerichtet hat, alle Albaner anzubellen, rundet das Bild fürs Erste ab.

akadimia platonos brüder

Alles könnte friedlich weitergehen, wenn nicht plötzlich ein Albaner auftauchen würde, der sich als möglicher Bruder von Stavros entpuppt. Ein Albaner! Stavros‘ demente Mutter jedenfalls wacht plötzlich auf und begrüsst den Fremden auf Albanisch als verlorenen Sohn. Und plötzlich bellt der Hund auch, wenn Stavros in die Nähe kommt.

Tsitos inszeniert seine Komödie um Nationalismus und Rassismus mit einem lakonischen, bissigen Bildwitz und viel Situationskomik. Wenn man sich hin und wieder an Kaurismäki erinnert fühlt, dann nur im besten Sinne. Darüber hinaus sind Witz und Biss dieses Films sehr eigenständig. Die absurden Blüte von Patriotismus und Nationalstolz ausgerechnet bei denen, die eigentlich noch nie etwas getan haben, und sich wohl auch nie mehr in ihrem Leben für irgendendetwas einsetzen würden, wird von Tsitos in kleinen, bissigen Schleifen immer neu vorgeführt, ohne dass sich das grundsätzlich wiederholen würde. Denn zumindest Stavros macht eine Entwicklung durch. Und selbst seine Kumpane verlieren mit der Zeit ihre Sicherheit – zumal sie alle zugeben müssen, dass nicht nur die Albaner in Athen mehr mit ihren Leben anfangen, sondern gerade auch die geschäftstüchtigen Chinesen, die sie nicht voneinander unterscheiden können. In einer der schönsten Szenen schlägt einer dieser fleissigen Asiaten Stavros vor, er würde seinen Laden mieten. Er sitze ja doch nur den ganzen Tag davor und verkaufe nichts. Da könne er doch genau so gut untätig davor sitzen und dafür noch Miete kassieren. Es ist diese bestechend einfache Logik, welche diese platonische Akademie (tatsächlich benannt nach einem Stadtteil Athens) so urkomisch und vergnüglich macht. Denn so beschränkt die Antihelden dieses Films auch sind: Hin und wieder dringt die Logik in ihre dumpfen Köpfe ein und stiftet dort deutliche Unruhe.

Akadimia Platonos ist einer der besseren unter den 18 Filmen des Wettbewerbs, und bei weitem der vergnüglichste.

Pardofell

3 Antworten auf „Locarno 09: ‚Akadimia platonos‘ von Filippos Tsitos“

  1. Langsam darf man Tipps abgeben, wer denn das goldene Kätzchen bekommt.
    Meine Favoriten: Frontier Blues und La Cantante de Tango.
    Aber eigentlich sollte man aus Erfahrung immer auf die übelsten Filme tippen. Darum setzte ich mit „La invencion de la carne“ den Joker.

  2. Ja, die AKADIMIA PLATONOS wäre mein Wunschkandidat für die goldene Katze. Im 2008 war die Wahl perfekt, sonst muss ich mich der Meinung von Urs anschliessen.

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