Mit She, A Chinese von Xiaolu Guo hat die internationale Jury den Goldenen Leoparden an einen Film vergeben, der erst gegen Ende des Wettbewerbs gezeigt worden ist. Die chinesischstämmige Xiaolu Guo lebt in London, ihr Film spielt in China und in England. Und er ist in der Tat beeindruckend auf ganz verschiedenen Ebenen. Zunächst erzählt er von einer Chinesin, die eher perspektivenlos auf dem Land aufwächst, nach einer Vergewaltigung in die Stadt flüchtet, sich dort ausgerechnet mit einem Auftragsschläger zusammentut, und nach dessen gewaltsamem Tod aus einem Impuls heraus mit dem unter der Matratze gefundenen Geld nach London fliegt. Dort beginnt sie dann ein Immigrantenleben, das uns allenfalls aus der Aussenperspektive bekannt vorkommt, das uns der Film aber überaus packend und zurückhaltend zugleich aus einer neuen, nicht unbedingt subjektiven Sicht vermittelt.
Der Spezialpreis der Jury und der Preis für die beste Regie gingen an meinen persönlichen Favoriten Buben.Baraban des Russen Alexei Mizgirev.
Den Preis als Beste Darstellerin erhielt die Holländerin Lotte Verbeek für ihre Rolle gegenüber Stephen Rea in Nothing Personal von Urszula Antoniak. Und den Leoparden für den besten männlichen Darsteller schliesslich vergab die Jury an Antonis Kafetzopoulos, den Hauptdarsteller in der satirischen Komödie Akadimia Platonos.
Die übrigen Preise folgen detailliert nach dem Sprung.
62. Filmfestival Locarno
5-15 | 8 | 2009
Die Preisträger
Internationaler Wettbewerb
Die Internationale Jury des 62. Internationalen Filmfestivals von Locarno:
• Jean-Marie Blanchard, ehemaliger Direktor des Grand Théâtre de Genève, Frankreich
• Pascal Bonitzer, Drehbuchautor und Regisseur, Frankreich
• HONG Sangsoo, Regisseur, Südkorea
• Nina Hoss, Schauspielerin, Deutschland
• Luis Miñarro, Produzent, Spanien
• Jonathan Nossiter, Regisseur, Brasilien/USA (Präsident der Jury)
• Alba Rohrwacher, Schauspielerin, Italien
verleiht folgende Preise:
Goldener Leopard
Grosser Preis des Festivals, der Stadt und Region Locarno
(chf 90.000 zu gleichen Teilen an Regisseur und Produzent) für den besten Film:
SHE, A CHINESE von Xiaolu GUO, Grossbritannien/Deutschland/Frankreich
Spezialpreis der Jury
Preis der Städte Ascona und Losone (chf 30.000 zu gleichen Teilen an Regisseur und
Produzent) für den zweit besten Film:
BUBEN.BARABAN von Alexei Mizgirev, Russland
Preis für die beste Regie
Preis der Stadt und Region Locarno (chf 30.000 zu gleichen Teilen an Regisseur und
Produzent):
Alexei Mizgirev
Für den Film BUBEN.BARABAN, Russland
Leopard für die beste Darstellerin
an:
Lotte Verbeek
Für den Film NOTHING PERSONAL von Urszula Antoniak, Niederlande/Irland
Leopard für den besten Darsteller
an:
Antonis Kafetzopoulos
Für den Film AKADIMIA PLATONOS von Filippos Tsitos, Griechenland/Deutschland
Wettbewerb Filmmakers of the Present
Die Jury
• Matías Bize, Regisseur, Chile
• Denis Côté, Regisseur, Kanada
• Brillante Mendoza, Regisseur und Produzent, Philippinen
• Ghassan Salhab, Regisseur, Libanon
• Angela Schanelec, Regisseurin, Deutschland
verleiht folgende Preise:
Goldener Leopard Filmmakers of the Present Stadt Locarno
die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld in Höhe von chf 30.000 verbunden, gestiftet
von der Stadt Locarno
THE ANCHORAGE von C. W. Winter und Anders Erdström, USA/Schweden
Spezialpreis der Jury Ciné Cinéma des Wettbewerbs Filmmakers of the Present
Ankauf des prämierten Films für SFr. 30.000 zur Ausstrahlung auf dem französischen TV-
Sender Ciné Cinéma:
PIOMBO FUSO von Stefano Savona, Italien
Leopard für das beste Erstlingswerk
Die Jury
• Esmeralda Calabria, Cutterin, Italien
• Sepideh Farsi, Regisseurin, Iran
• Esteban Larraín, Regisseur, Chile
verleiht folgende Preise:
Leopard für das beste Erstlingswerk
Preis der Stadt und Region Locarno (chf 30.000 zu gleichen Teilen an Regisseur und
Produzent) für den besten ersten Film in den zwei Wettbewerben (Internationaler
Wettbewerb und Filmmakers of the Present):
NOTHING PERSONAL von Urszula Antoniak, Niederlande/Irland
Leopards of Tomorrow
Die Jury
• Céline Bolomey, Schauspielerin, Schweiz
• Denis Delcampe, Produzent, Belgien
• Maike Mia Höhne, Kuratorin «Berlinale Shorts», Deutschland
• Najwa Najjar, Drehbuchautorin und Regisseurin, Palästina
• Adrian Sitaru, Regisseur, Rumänien
verleiht folgende Preise an die Kurzfilme:
Internationaler Wettbewerb
Pardino d’oro
Preis der SRG SSR idée suisse im Internationalen Wettbewerb der
Leopards of Tomorrow
in Höhe von chf 10.000 an:
BELIEVE von Paul Wright, Grossbritannien (Schottland)
Pardino d’argento
Preis der Kodak im Internationalen Wettbewerb der Leopards of Tomorrow
in Form von Filmmaterial der Eastman Kodak Company im Gesamtwert von chf 12.000
an einen Schweizer Film und einen Film im Internationalen Wettbewerb an:
VARIÁCIÓK von Krisztina Esztergályos, Ungarn
Preis für Film- und Videountertitelung
bestehend aus der Untertitelung in drei mitteleuropäische Sprachen, gestiftet von
der Firma Film & Video Untertitelung Gerhard Lehmann AG geht an:
NO COUNTRY FOR CHICKEN von Huang HUANG, China
Besondere Erwähnung
EDGAR von Fabian Busch, Deutschland
Nationaler Wettbewerb
Pardino d’oro
Preis George Foundation für den besten Schweizer Kurzfilm in der Höhe von chf 10.000
an:
LAS PELOTAS von Chris Niemeyer, Schweiz
Pardino d’argento
Preis der Kodak im Internationalen Wettbewerb der Leopards of Tomorrow
in Form von Filmmaterial der Eastman Kodak Company im Gesamtwert von chf 12.000
an einen Schweizer Film und einen Film im Internationalen Wettbewerb an:
NACHTSPAZIERGANG von Christof Wagner, Schweiz
Action Light Preis für das beste Schweizer Nachwuchstalent
In Form filmtechnischer Dienstleistungen im Wert von chf 36.000. Die Preisstifter sind
Action-Light, Avant-première, Film Demnächst, Fujifilm, Sound Design Studio, Swiss
Effects, Taurus Studio, Titra Film und Yak Film. Der Preis geht an:
CONNIE von Judith Kurmann, Schweiz
Preis „Cinema e Gioventù“ – Leopards of Tomorrow
Die Jury Cinema e Gioventù für die Sektion Leopards of Tomorrow setzt sich zusammen
aus Elena Binda, Valentina Bosia, Carlotta Dionisio, Vania Gottardi, Jasmine Leoni,
Giulia Moltrasio, Gianni Nägeli, Valentina Peduzzi, Samira Yeganeh.
Das Preisgeld in Höhe von chf 3.000 ist gestiftet vom Departement für Bildung, Kultur
und Sport des Kantons Tessin und geht zu gleichen Teilen an einen Film aus dem
nationalen Wettbewerb und dem internationalen Wettbewerb:
Bester Kurzfilm im internationalen Wettbewerb:
TÚNELES EN EL RÍO von Igor Galuk, Argentinien
Besondere Erwähnung
GJEMSEL von Aleksandra Niemczyk, Norwegen
Bester Kurzfilm im nationalen Wettbewerb:
KITSCH PANORAMA von Gilles Monnat, Schweiz
Die Jugendjury
Internationaler Wettbewerb
Die Jury
Giovanna Albonico, Roxane Barclay, Diego Benzoni, Giona Bucher, Askanio Cecco, Faye
Corthésy, Violette Mandry, Paolo Marioni, Benoît Tabin, Carlotta Tognola, Nathigane
Vanello
verleiht folgende Preise:
Erster Preis (chf 6.000)
gestiftet vom Departement für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Tessin an:
Urszula Antoniak für den Film
NOTHING PERSONAL, Niederlande/Irland
Zweiter Preis (chf 4.000)
gestiftet vom Departement für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Tessin an:
Bernard Emond für den Film
LA DONATION, Kanada
Dritter Preis (chf 2.000)
gestiftet vom Departement für Bildung, Kultur und Sport des Kantons Tessin an:
Filippos Tsitos für den Film
AKADIMIA PLATONOS, Griechenland/Deutschland
Preis für Umwelt und Lebensqualität (chf 3.000)
gestiftet vom Kantonalen Departement des Gebietes für den Wettbewerbsfilm, der
das Konzept «Umwelt ist Lebensqualität» am besten ausdrückt. Der Preis geht an:
Bernard Emond für den Film
LA DONATION, Kanada
Besondere Erwähnung:
BUBEN.BABARAN von Alexei Mizgirev, Russland
Prix du Public UBS
Der Publikumspreis der Piazza Grande (20.000 CHF) geht an den Film:
GIULIAS VERSCHWINDEN von Christoph Schaub, Schweiz
Variety Piazza Grande Award
Der Variety Piazza Grande Award wird durch eine Jury der Kritiker Derek Elley und Jay
Weissberg der amerikanischen Zeitschrift an einen Film aus dem Programm der Piazza
Grande vergeben, der als Weltpremiere oder internationale Premiere gezeigt wird. Der
Preis geht an ein Werk, das sowohl durch seine künstlerische Qualitäten als auch durch
sein Potenzial in der Kinoauswertung besticht. Der Variety Piazza Grande Award geht
an den Film:
SAME SAME BUT DIFFERENT von Detlev Buck, Deutschland
Prix Netpac
Netpac: Netzwerk für die Promotion des asiatischen Kinos
Die Jury
• Elena Alberto, Italien
• Patrick Frater, Hongkong
• Paul Venugopal Bina, Indien
verleiht ihren Preis an:
SHAM MOH (AT THE END OF DAYBREAK)
von HO Yuhang, Malaysia/Hongkong/Südkorea
Besondere Erwähnung:
YE DIAN (ONE NIGHT IN SUPERMARKET) von YANG Qing, China
Preis FIPRESCI Jury der internationalen Filmkritiker
Die Jury
• Ronald Bergan, Grossbritannien
• Dana Duma, Rumänien
• Madeleine Hirsiger, Schweiz
• Mahmoud Jemni, Tunesien
• Michael Ranze, Deutschland
verleiht ihren Preis für den besten Wettbewerbsbeitrag an:
NOTHING PERSONAL von Urszula Antoniak, Niederlande/Irland
Preis der Ökumenischen Jury
Die Jury
• Christine Bolliger-Erard, Frankreich
• Lucia Cuocci, Italien
• Jos Horemans, Belgien
• Dr. Stefanie Knauss, Österrreich/Italien
• Dr. Bojidar Manov, Bulgarien
• Fawzi Soliman, Ägypten
Der Preis ist mit SFr. 20.000 dotiert und wird für die Filmdistribution in der Schweiz
vergeben. Das Preisgeld stellen die evangelisch-reformierten und die römisch-
katholischen Kirchen der Schweiz zur Verfügung. Der Preis geht an:
AKADIMIA PLATONOS von Filippos Tsitos, Griechenland/Deutschland
Besondere Erwähnung:
NOTHING PERSONAL von Urszula Antoniak, Niederlande/Irland
Prix FICC / IFFS
Dachorganisation der Filmclubs und nicht-kommerzieller Kinos
Die Jury
• Per Ekman, Schweden
• Laurence Gogniat, Schweiz
• Geir Ornholt, Norwegen
verleiht den Don Quijote Preis an:
LA DONATION von Bernard Emond, Kanada
Preis Art & Essai CICAE
Preis des internationalen Verbands der Studiokinos
Die Jury
• Giancarlo Giraud, Italien
• Julien Moeschler, Schweiz
• Ula Sniegowska, Polen
verleiht den CICAE-Preis an:
NOTHING PERSONAL von Urszula Antoniak, Niederlande/Irland
Semaine de la critique
Die Jury
• André Ceuterick, Belgien
• Marisa Marzelli, Schweiz
• Markus Wille, Liechtenstein
verleiht den Preis SRG SSR idée suisse/Semaine de la critique, dotiert mit chf 8.000, an:
PIANOMANIA von Robert Cibis und Lilian Franck, Österreich/Deutschland
Der ganze Locarno-Blogg war sehr gut, aber für dieses Schlussbouquet hättest du den Preis des besten Filmjournalisten verdient – wenn es den denn gäbe! Wie hast du das in der kurzen Zeit zwischen dem letzten Film und der Preisverleihung fertig gebracht? Bin begeistert: Dede
Chapeau! Gute Trefferquote bei den Katzen, exzellente Berichterstattung. Mit Blog und DRS2/4 war man dieses Jahr fast wie dabei. Ohne einen Film gesehen zu haben allerdings.
Deshalb die Frage: Irgendwelche Gerüchte aufgeschnappt, ob es She, a Chinese, Buben, Baraban oder auch Frontier Blues auf andere Schweizer Leinwände als diejenige von Locarno schaffen werden?
@PeeWee Danke! Zu den Filmen: Noch nicht klar. «Nothing Personal» hat Chancen, der Kritikerwochen-Hit «Pianomania» ist auf gutem Weg, «Frontier Blues» dürfte ziemlich sicher den Weg in die Schweizer Kinos auch finden. Und natürlich «Akadimia Platonos» Bei den anderen habe ich meine Zweifel, die Gewinnerfilme von Locarno haben es in den letzten Jahren so gut wie nie zu einem Schweizer Verleih gebracht.
Das war auch mein bevorzugter Festivalblog, obwohl die Kritiken nicht immer meine Meinung wiederspiegelten. Aber wäre das so, dann hätte ich nach dem zweiten Mal wohl gar nicht mehr reingeschaut :-)
@urs Das freut mich sehr. Ich habs nämlich auch immer so gehalten. Die interessantesten Kritiker sind die, welche einen einleuchtend anderen Blick haben als ich (sonst könnte ich mich ja stundenlang selber lesen ;)
@Michael: Wenigstens in diesem Punkt stimme ich dir voll und ganz zu :-)
danke für deine locarno berichterstattung. aber nach dem artikel frag ich mich, ob jeder film einen preis bekam …