Roman Polanski in Zürich verhaftet

Roman Polanski (rechts) in seinem 'The Fearless Vampire Killers'
Roman Polanski (rechts) in seinem ‚The Fearless Vampire Killers‘

Heute Abend hätte Roman Polanski am Zurich Film Festival einen Preis entgegennehmen sollen. Aber gestern Samstag wurde er offenbar in Zürich verhaftet, aufgrund eines Haftbefehls von 1978. Wenn das stimmt, ist es doppelt absurd, denn Polanski war seit 1978 immer wieder in der Schweiz, unter anderem 1995 am ersten Cinemusic Festival in Gstaad. Hier die Meldung des Zurich Film Festivals. So idiotisch der Vorgang auf den ersten Blick erscheint (ist mit dem Fall des Bankgeheimnisses auch die Rechtssouveränität aufgegeben worden?) – dem Zurich Film Festival bringt der Vorfall seiner Peinlichkeit zum Trotz globale Schlagzeilen. Der Schweiz auch, aber die braucht das Land so nicht wirklich…

Nachtrag von 13 Uhr:

Protest von den Schweizer Filmschaffenden des ARF / FDS

Schweizer Filmer protestieren vehement!

Die Verhaftung Polanskis ist nicht nur eine groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheuerer Kulturskandal.

Die Verhaftung von Roman Polanski, der heute Sonntag am 5. Zurich Film Festival für sein Lebenswerk geehrt werden sollte, ist nicht nur ein juristischer Skandal, der dem Ansehen der Schweiz weltweit immensen Schaden zufügen wird, sondern auch eine Ohrfeige ins Gesicht aller Kulturschaffenden in der Schweiz. Wir Schweizer Filmer und Filmerinnen protestieren scharf und fordern das Bundesamt für Justiz auf, die kulturelle Ehrung eines international anerkannten Filmkünstlers nicht für eine Schweizer Justizposse auszunutzen.

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass die Schweizer Justiz dem Begehren der USA , auf einen amerikanischen Haftbefehl aus dem Jahr 1978 (!) fussend, nachgibt, damit einer der renommiertesten Filmregisseure der Welt wegen einem über dreissig Jahre zurückliegenden Fall verhaftet wird.

Nachtrag 2 von 13.20 Uhr:

Erinnert irgendwie an die Geschichte des Dirigenten Pierre Boulez, der 2001 in Basel aus dem Hotelbett heraus als Terrorist verhaftet wurde…

Nachtrag 3 von 13.40 Uhr:

Die Website der New York Times hat die Meldung via AP aufgenommen. Gegenüber der AP habe weder der Sprecher der Zürcher Polizei noch jener des Bundesjustizdepartementes die Vorgänge bisher näher erläutert.

Nachtrag 4 von 13.55 Uhr:

Die Geschichte des Justizfalls Roman Polanski hat der HBO-Dokumentarfilm Wanted and Desired von Marina Zenovich letztes Jahr akribisch aufgearbeitet. Bis hin zu der Tatsache, dass die US-Justiz sich allen Aufrufen zum Trotz nicht zu einer Verjährung hat durchringen können. Hier der Trailer zum Film auf YouTube:

Nachtrag 5 von 16.45 Uhr:

Das Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gibt ein paar magere Punkte als Stellungsnahme bekannt:

Stellungnahme : Verhaftung von Roman Polanski

Bern, 27.09.2009 –

  • Roman Polanski wurde gestern Abend bei seiner Ankunft auf der Basis eines US-Haftbefehls in provisorische Auslieferungshaft genommen.
  • Die US-Behörden werfen Roman Polanski sexuelle Handlungen mit Kindern vor, namentlich in einem Fall von 1977 mit einem 13-jährigen Mädchen in Los Angeles.
  • Seit Ende 2005 fahnden die US-Behörden weltweit nach Roman Polanski.
  • Ein US-Haftbefehl gegen Roman Polanski liegt seit 1978 vor.
  • Ob Roman Polanski tatsächlich an die USA ausgeliefert wird, steht erst fest, wenn das Auslieferungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Sowohl ein Auslieferungshaftbefehl als auch ein Auslieferungsentscheid kann beim Bundesstrafgericht angefochten werden. Dessen Entscheide können ans Bundesgericht weiter gezogen werden.
  • Aus Rücksicht auf das nun laufende Verfahren können derzeit keine weiteren Angaben gemacht werden.

Adresse für Rückfragen:

Brigitte Hauser-Süess, Informationsdienst EJPD, Tel. +41 31 322 40 90
Guido Balmer, Informationsdienst EJPD, Tel. +41 31 322 40 40

Herausgeber:

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement

Internet: http://www.ejpd.admin.ch

Nachtrag 5 von 20.00 Uhr

Inzwischen hat sich Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zum Vorgehen der Bundesbehörden geäussert: «Wir konnten rechtlich nichts anderes machen» (die ganze Aussage im Oton gibts hier ganz unten zu hören). Unter anderem weist sie darauf hin, dass ein Auslieferungsbegehren gemäss Abkommen mit den USA verbindlich sei, und dass natürlich weder Polen noch Frankreich, dreren Büergerrechte Polanski besitzt, ihre eigenen Bürger ausliefern würden – was auch die Schweiz nicht täte. Allerdings beträfen die Vorwürfe an Polanski erstens kein Kavaliersdelikt und zweitens sei nach der neuen Schweizer Rechtslage der sexuelle Missbrauch Minderjähriger auch in der Schweiz nicht mehr verjährbar.

Dazu, dass Polanski nicht schon bei frühreren Besuchen in Gstaad verhaftet worden sei, erklärt sie, da hätten die Behörden (anders als die Journalisten?) eben jeweils erst im Nachhinein von seinem Aufenthalt in der Schweiz erfahren, im Gegensatz zu seinem gross angekündigten Auftritt am Zurich Film Festival, der für heute Abend geplant war.

Stellt sich für den politischen Laien noch die Frage, warum die Diplomatie des Landes nicht auf die Idee gekommen ist, das Zurich Film Festival frühzeitig auf das Auslieferungsbegeheren aufmerksam zu machen. Aber wahrscheinlich ist es zur Zeit eben doch wichtiger, gegenüber den USA die Rolle des Musterknaben zu spielen, als gegenüber dem Rest der Welt.

155 Antworten auf „Roman Polanski in Zürich verhaftet“

  1. Also – mein Kiefer hat schon die Decke zum Keller durchschlagen. Wer das zu verantworten hat, muss morgen sein Büro räumen. Etwas anderes kann einfach nicht sein.

  2. Womöglich war er seit 1978 mehrfach in der Schweiz. Die weltweite Fandung seitens der USA wurde aber erst 2005 ausgesprochen. Steht ein Meisterregisseur über dem Recht? Meine Tochter dürfte er jedenfalls nicht vergewaltigen und mit Drogen vollpumpen, trotz meiner Liebe zu seinen Filmen.

  3. Polanskis Wohnadresse in Paris ist nicht wirklich ein Staatsgeheimnis. Und wenn Frankreich bisher seinen Staatsbürger nicht an die USA ausgeliefert hat, muss dann die Schweiz hier Sky-Marshall spielen? Wie würde die Schweizer öffentlichkeit reagieren, wenn in Frankreich ein Schweizer verhaftet würde, auf Begehren der US-Justiz? Oder zwei Schweizer in Libyen?

  4. Ich schäme mich zutiefst für dieses Land des totalen Spiessbürgers. Vor Blut-Diktatoren lecken unsere Herrschaften den Teppich. Einen Welt-Künstler aber verhaftet man. Das ist ja so ekelerregend.

  5. voll daneben gegriffen
    ähnlicher Amtsübermut wie bei dem Sohn von Gadafi
    Das ist halt so wenn die Kleinen mit den Grossen mithalten wollen ;-)

  6. Stellt sich für den politischen Laien noch die Frage, warum die Diplomatie des Landes nicht auf die Idee gekommen ist, das Zurich Film Festival frühzeitig auf das Auslieferungsbegeheren aufmerksam zu machen.

    Das ist schon eine rhetorische Frage, oder? «Hallo Herr Spoerri, wir möchten sie noch kurz darauf aufmerksam machen, dass wir dann denn Herrn Polanski bei der Einreise verhaften möchten. Aber das dürfen sie ihm jetzt nicht sagen. Sonst können wir das vielleicht nicht machen.»

  7. Prinzipiell bin ich schon dafür, dass für alle das gleiche Recht gilt. Aber dann bitte das Recht auch konsequent duchsetzen! Was ich so stossend finde, ist die Tatsache, dass Polanski offenbar in den letzten Jahren unbehelligt durch die Schweiz reisen konnte, jetzt plötzlich wird er verhaftet.
    Die Begründung von Widmer-Schlumpf ist an Lächerlichkeit kaum mehr zu überbieten. Nimmt man ihre Aussage für voll, können wir Grenzwache und Polizei gleich abschaffen. Wenn die Behörden nur dann jemanden verhaften können, wenn dieser sein Kommen Monate vorher öffentlich ankündingt, dann sind diese Behörden ja ziemlich überflüssig.

  8. jeder der sich so wahnsinnig über diese verhaftung aufregt wünsche ich, dass die eigene tochter irgendwann mal von einem „angesehenen kulturschaffenden“ missbraucht wird.
    denkt ihr dann immer noch so liberal?
    oder war ich nun zu direkt?

  9. Herr Polanski hätte damals nach seiner Verhaftung nicht aus den USA fliehen, sondern hätte die Gerichtsverhandlung abwarten sollen. Jetzt hat ihn seine Vergangenheit eingeholt. Wieso sollen Promis über dem Gesetz stehen? Schlussendlich hat die Schweizer Justiz nur nach gültigen Gesetzesregeln gehandelt.

  10. Ich bin schockiert über gewisse Kommentare hier drin.

    Zählen für Euch denn nur die Filme Polanskis? Rechtfertigt das für Euch den von Polanski eingestandenen Sex mit einer damals 13-Jährigen (das ist keine Bagatelle!)?

    Erwarten wir denn nicht alle, dass vor dem Gesetz alle gleich behandelt werden, egal ob sie Staatschefs, Bundesräte, Geschäftsführer, Schreiner oder eben Filmemacher sind?

    Wärt Ihr denn als Opfer einer Straftat nicht masslos von unserem Rechtsstaat enttäuscht, wenn man den Täter einfach so ziehen lässt und dieser sich sogar noch von kultivierten Menschen feiern lässt (was für en Affront für die Opfer!)?

  11. Ich finde es einerseits beruhigend, dass jemand für ein solches Vergehen auch noch Jahre später zur Verantwortung gezogen wird.

    Andererseits ist es natürlich sehr ungeschickt dass die Schweiz das jetzt machen musste, das wird das Ansehen im Ausland nicht gerade verbessern.

  12. Drei Dinge gilt es bei der Diskussion zu beachten: 1. Polanski hat sich zu „Unzucht mit Minderjährigen“ („statutory rape“) bekannt, das ist NICHT eine Vergewaltigung und er hat vom Richter dafür eine zweijährige Haftstrafe versrpochen bekommen. In der Nacht vor der Urteilsverkündigung hat er erfahren, dass ihm der (korrupte) Richter 50 Jahre aufbrummen wollte, und hat in Panik das Land verlassen.
    2. Polanski besitzt ein Ferienhaus in Gstaad, war regelmässig im Land in den letzten Jahren, hatte öffentliche Termine und gab Journalisten Interviews. Hätte man ihn verhaften wollen, hätten sich viele Gelegenheiten geboten.
    3. Die spektakuläre Verhaftung am Vorabend einer lange Angekündigten Preisverleihung in Zürich ist entweder kalkuliert oder idiotisch. Die diplomatische Peinlichkeit hätte sich selbst bei Vorliegen eines konkreten Gesuches aus den USA mit einem einzigen Warntelefon ans Zürich Film Festival vermeiden lassen.

  13. Es ist nicht zutreffend, dass die Verjährung von Sexualdelikten an Minderjährigen aufgehoben wurde. Die Verjährung wurde aufgehoben nach Art. 123b der Bundesverfassung, wenn es sich bei den Opfern um Kinder vor der Pubertät handelt. Außerdem war die Tat schon vor Änderung der Verfassung verjährt. Die Bundesverfassung sagt nicht, dass eine bereits verjährte Tat wieder „unverjährt“ wird.

  14. Wer genau hätte deiner Ansicht nach das Zurich Film Festival oder vielleicht eher Polanski informieren sollen? Die Justiz? Das wäre nicht wirklich in ihrem eigenen Interesse. Die «Diplomaten» (wer auch immer das sein soll)? Damit forderst du die Abschaffung der Gewaltentrennung. Rechtsstaatlich eher bedenklich.

    Vielleicht hätten sich die Diplomaten von Frankreich und Polen in den letzten vier Jahren um den Fall kümmen sollen, anstatt sich nun heuchlerisch um das Schicksal von Polanski zu sorgen!

  15. @Thomas: Ach ja? Und wenn sich unser Bundespräsident für eine rechtsstaatlich völlig korrekte Verhaftung eines Diktatorensohns entschuldigt, weil das aus diplomatischen, bzw. wirtschaftlichen Gründen opportun sein soll, dann funktioniert die Gewaltentrennung richtig?

  16. Bei aller moralischen Verachtung für Sexualdelikte an Minderjährige und bei allen rechtsstaatlichen Bedenken für den zeitlich willkürlichen Vollzug eines 30jährigen internationalen Haftbefehls: es bleibt doch der unschöne Verdacht, dass die Schweiz urplötzlich von der grauen Liste der finanziellen Schurkenstaaten zur sauberen, blütenweisse Weste demokratischer Ordnung zurückkehren will und ihre Musterknabenrolle wieder einnehmen möchte.
    Übrigens: wer an der Uni BS an der Vorlesung ‚Völkerrecht‘ teilnimmt, der erfährt nicht nur etwas über internationale Abkommen, sondern auch dass ein Land umso mächtiger ist, desto mehr Freunde es hat (im US-Jargon: „good standing in international communities“). Insofern ist die These des Einschmeichelns nicht soooo weit weg ….

  17. In Art. 2 des Auslieferungsvertrages mit den USA muss eine Tat nach dem Recht beider Staaten (also der Schweiz und den USA) bestraft werden können.

    Nach Art. 97ff. des Schweizerischen Strafgesetzbuches ist die Tat spätestens nach 20 Jahren verjährt, kann also nicht mehr bestraft werden in der Schweiz.

    Art 123b der Bundesverfassung ändert daran nichts, denn dieser Artikel betrifft nur Kinder vor der Pubertät. Es müssten also nach über 30 Jahren Feststellungen darüber getroffen werden, ob das Opfer mit 13 Jahren vor der Pubertät war.
    Außerdem war die Tat 2008 verjährt und Art 123b sagt nicht, dass eine bereits erfolgte Verjährung wieder rückgängig gemacht wird.

    Daraus folgt: Die Verhaftung ist rechtswidrig.

  18. Dass unsere Landesregierung in den letzten Monaten im In- und Ausland mit ihren Aktionen nicht besonders glänzte, ist wohl unbestritten.

    Trotzdem kann das nicht die Legitimation dafür sein, nun willkürlich Haftbefehlen und ähnlichem nachzugehen.

    Dass Polanski, Ferienhaus hin oder her, nicht schon früher festgenommen wurde, hat auch mit Verhältnismässigkeit zu tun. Oder ist jemand tatsächlich der Meinung, dass Polizisten ständig vor seinem Ferienhaus Wache schieben sollte? Der Mann hat schliesslich – trotz Sexualdelikt – auch ein Privatleben und kündigt nicht immer in alle Welt an, wann und wo er gerade ist oder hingeht.

    Und schliesslich wollen wir alle keinen Überwachungsstaat. Genau dieser wäre aber notwendig gewesen, um ihn quasi auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Wer nun das Vorgehen des EJPD in Frage stellt, gibt jenen Recht, die nach noch mehr Überwachung schreien…

  19. Ich bin plattob solcher Naivität: In Gstaad gibt es übrigens auch eine Polizei: die kann nachschauen, ob das Licht in seinem Ferienchalet brennt und entsprechend handeln können, wenn es denn wirklich so dringend gewesen wäre. Versteckt hat sich Polanski in der Schweiz vermutlich nicht … Die Polizei hätte bloss nicht wegschauen müssen … insofern ist die These vom Überwachungstaat nicht stichhaltig. Es ist logisch, dass das Departement Widmer-Schlumpf (deren demokratische Legitimation auf tönernen Füssen steht) nach einer Begründung sucht, um den Zeitpunkt zu rechtfertigen. Die Einladung zu einem Filmfestival bot sich an …

  20. @ able
    Wenn die Gstaader Polizei einen Anlass hat, wird sie bestimmt nachgeschaut habe. Doch so wie es zurzeit scheint, kam der Ausschlag für die jetzige Verhaftung aus den USA. Und bevor der provisorische Haftbefehl nicht vorlag, hätten auch die Gstaader Polizisten nichts unternommen…

    Zudem kam der Hinweis über Zeit und Ort Polanskis auch aus den USA, wenn man 20 Minuten online Glauben schenken darf. Irgendwo irgendwelche Polizisten aufzustellen in der Hoffnung, er würde dann vielleicht auftauchen, wäre «ein Fischen in trüben Gewässern» gewesen. Das wäre dann eher skandalös gewesen, wenn man ohne Anhaltspunkte auf Teufel komm‘ raus versucht hätte, ihn festzunehmen…

  21. Da wir beide weder beim EJPD noch bei der Polizei arbeiten, sind folgende Überlegungen spekulativ:
    1)Wenn der Hinweis tatsächlich aus den USA kam, dann stützt dies meine These, dass die Schweiz sich dort in ein gutes Licht präsentieren will. Den Haftbefehl gab es schon seit 30 Jahren. In all diesen Jahren hat Polanski unbehelligt in der Schweiz aufgehalten – trotz dem real existierenden Haftbefehl.
    2) Denn die Kantonspolizei braucht nicht Hinweise aus den USA, um zu ermitteln, wann sich Polanski in seinem Chalet aufhält. Sie hätte 30 Jahre Zeit gehabt, wenn sie wirklich hinter Polanski her war, was ganz offenbar seit 1978 nicht der Fall war. Bis gestern …
    3) Abgesehen davon habe ich im Radio gehört, dass die USA das Auslieferungsbegehren erst nach der Verhaftung gestellt haben, dass es von seiten der USA also gar keine so grosse Priorität herrschte.
    Da wir aber beide keinen Zugang zu den Quellen dieser Verhaftung, bleibt die folgende Diskussion höchstspekulativ

  22. Die ganze Diskussion, wieso Polanski ausgerechnet jetzt verhaftet wurde und wer Schuld daran sein soll oder die Verhaftung hätte vermeiden können, ist vor allem grotesk. Da werden die wildesten Spekulationen aufgestellt und die Behörden ganz allgemein verurteilt. Wieso? Weil der «Staat» bei einem anderen Fall völlig falsch und moralisch verwerflich gehandelt hat. Gewaltentrennung ist also grundsätzlich gut, aber da sie im anderen Fall zum Fenster rausgeworfen wurde, kann doch auch in diesem Fall ein Auge zugedrückt werden? Schliesslich gilt: In the land of the blind, the one-eyed man is king.

  23. @ able
    Darin sind wie uns einig, dass vieles spekulativ ist und im Laufe der nächsten Tage bestimmt noch bestätigt oder dementiert wird.

    Nicht spekulativ ist, dass er vor den USA geflohen ist und eine Strafe – wie die auch immer aussehen mag – nie hat absitzen müssen.

    Nicht spekulativ ist auch, dass er sich schon oft hat feiern lassen, währenddem das Opfer keine Genugtuung im Sinne einer Bestrafung erhielt.

    Dass sie dabei nach Jahrzehnten die Klage zurückzieht, um nach erfolgloser Suche endlich auch einen Schlussstrich unter die Sache ziehen zu können, ist ja auch irgendwie verständlich. Sie wäre auch dann die Verliererin, wenn er eine Haft hätte verbüssen müssen, denn dann hätte sie den Hass seiner Anhänger zu spüren bekommen…

  24. Zu 1): Ja, er ist geflohen vor 30 Jahren aus den USA. Und kein Staat der Welt hat ihn bis jetzt ausgeliefert: das ist auch ein Fakt!
    Ich verweise auf die Kommentare vor uns. Die Nicht-Verjährung für Sexualdelikte ist in der Schweiz erst sei kurzem angenommen. Man kann sie – aus rechsstaatlichen Gründen – nicht rückwirkend auf Polanski anwenden – so sehr einem persönlich das Schicksal des einst 13jährigen Mädchen berührt und so sehr Widmer-Schlumpf darauf verweist.

    Zu 2)
    Der Sinn und Zweck der Strafrechts ist nicht Vergeltung und/oder Rache, sondern im gröbsten Fall „Abschreckung“ (was mit der Todesstrafe in den USA sowieso nicht der Fall ist). Nach 30 Jahren eine Person verfolgen, wenn sogar das mittlerweile erwachsene Opfer ihm verziehen hat, grenzt an Skurrilität. Schliesslich ist nicht einmal Pinochet von den Engländern an die Justiz in Chile in ausgeliefert worden und der hatte noch ganz andere Sachen auf dem Kerbholz (an dieser Stelle muss man die Genfer Justizbehörden loben, weil die einen Haftbefehl gegen Pinochet erlassen hatten).

  25. da hat sich die schweiz wieder mal schön in die nesseln gesetzt. nicht dass ich die tat polanskis billige (auf keinen fall!), aber dass man ihn erst jetzt verhaftet, obwohl er anscheinend schon öfters unbehelligt in die schweiz eingereist war, finde ich doch sehr befremdlich. unsere regierung hat unser land in letzter zeit schon genug lächerlich gemacht, da wäre das jetzt nicht auch noch nötig gewesen. was denken sich die rückgrat- und hirnlosen weicheier unseres Bundesrates eigentlich bei solchen aktionen? haben wir sieben regierungen und nicht nur eine? es heisst zwar im volksmund „jedes land hat die regierung welche es verdient“, ich finde allerdings wir haben unsere regierung nicht verdient. ich schäme mich in letzter zeit ein schweizer zu sein :-(

  26. @Sennhauser/ Verjährung: Im Prinzip hat der Souverän das mit der Verjährungsinitiative vielleicht aufgehoben. Aber mit der Annahme der Initiative ist noch kein gültiger Gesetzesartikel geändert. Geltendes Recht ist weiterhin unter obenstehendem Link zu finden. Und jetzt könnten sich die Juristen den Kopf einschlagen, ob im Hinblick auf das zu änderende Recht die bestehende Frist nicht mehr gültig ist oder ….. – Egal, argumentiert wird ja ganz anders und mit so was von keinem Fingerspitzengefühl.

  27. Es ist schon kaum zu glauben, wi viele Leute wegen dem Vergewaltiger Polanski auf die Barrikaden gehen und lauthals
    seine sofortige Freilassung fordern. Soll es in der Schweiz
    künftig zweierlei Recht geben: eins für Leute „mit Namen“
    und eines für die andern ? Und noch unglaublicher ist für mich,
    dass sich Radio und Fernsehen ebenfalls auf die Seite jener
    schlagen. Ekelhaft. Wetten wir, dass die Einstellung jener
    Leute schlagartig ändern würde, wenn es um deren Tocher ginge.

  28. wow. wahnsinn. der typ hat eine dreizehnjährige mit alk und drogen dazu gebracht, sex mit ihm zu haben. er war damals 44. da es sich bei roman polanski um einen augenscheinlich sehr intelligenten menschen handelt, gehen wir davon aus, dass er um die strafrechtliche relevanz seines handelns wusste.

    die leute, die nun geltendes recht anwenden, werden hier als ‚rückgrat- und hirnlose weicheier‘ beschimpft.

    habe ich was verpasst?

  29. @moleskin: Es wird eben nicht geltendes Recht angewendet. Die Tat ist in der Schweiz verjährt und deshalb darf der Täter nicht mehr ausgeliefert werden. Weshalb sollte Polanski schlechter behandelt werden als jeder andere?

  30. @Jürgen: ich bin kein jurist, ich lese einfach: bei drs.ch und bei tagi.ch steht, dass die verjährung keine rolle spiele. gemäss dem auslieferungsvertrag von 1997 gelte lediglich die verjährungsfrist der usa, nicht diejenige der schweiz.

    keine ahnung, ob das stimmt oder nicht – wie gesagt, ich bin kein jurist. das scheinen mir aber einigermassen zuverlässige quellen zu sein.

    ich sehe nach wie vor keinen grund, herrn polanski nicht zu verhaften. eine schlechterbehandlung kann ich ebenfalls nicht erkennen.

  31. Liebe Schweizer,
    seid doch froh das ein Kinder-Schänder von Euren Behörden aus dem Verkehr gezogen wurde.
    Ich wünschte, in Deutschland würde man so konsequent Straftäter verfolgen (immerhin hat Polanski sich damals schuldig bekannt eine 13-Jährige mit Alkohol und Betäubungsmittel zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben.

  32. @moleskin: Die Autoren in den Zeitungen sind im Allgemeinen auch keine Juristen und genau da liegt das Problem: Die schreiben einfach das, was sie vom Hörensagen mitbekommen und das stimmt häufig nicht.

    Alle Gesetze und Verträge kann man auf admin.ch downloaden.

    Die zivilisierten Rechtsstaaten haben ein System der Verfolguns- und Vollstreckungsverjährung, nachdem ein Täter nach einer bestimmten Zeit – gestaffelt nach der Schwere der Tat – straffrei ist. Nur die USA nicht.

    Ich bin für dieses System. Ich halte es für angemessen und es ist auch im Sinne der Opfer.

    Von der Polanksi-Angelegenheit weiß man eigentlich nur sicher, dass er einen verbotenen sexuellen Kontakt mit einer 13jährigen hatte. Inwieweit Alkohol und Drogen (und welche) eine Rolle gespielt haben, ist Spekulation. Ich finde das schlimm genug. Aber ich sehe keinen Grund, ein rechtsstaaliches Verjährungssystem in Frage zu stellen.

  33. Was soll die Aufregung. Wenn Herr oder Frau Meier , Müller usw. dies getan hätte würde sich niemand so aufregen. Nein man würde sagen recht so, endlich. Aber einem Promi muss vergeben werden. Wenn irgend jemandem der sich aufregt, das Roman Polanski vor Gericht soll, der soll überlegen was er tun und denken würde wenn seiner Tochter dies geschehen würde und der Täter sich frei bewegen dürfte…
    Aber Filmschaffende leben in einer Welt für sich.

  34. @jürgen: also, wir sind uns einig, dass polanski verbotenerweise sex mit einer minderjährigen hatte.

    es bleibt die frage, ob er nun aufgrund der verträge zwischen der schweiz und den usa ausgeliefert werden muss. er hat in der schweiz die möglichkeit, das auslieferungsgesuch anzufechten; dank seinen finanziellen ressourcen kann er bestimmt alle wege und optionen optimal ausschöpfen.

    alles in allem eine faire behandlung für einen geständigen kinderschänder, scheint mir.

    was soll das geschrei? wer sex mit kindern hat, muss irgendwie mit ärger rechnen.

    ps: soweit ich das mitkriege, hat das us-rechtssystem skandalöse züge. wo bleibt der aufschrei der hiesigen kulturschaffenden über fälschlicherweise gefällte todesurteile? welcher filmemacher setzt sich gegen diese üblen dreimal-verurteilt-und-dann-lebenslänglich-strafen in kalifornien ein? wer kämpft gegen diese unsäglichen us-datenbanken für sexualstraftäter, die menschen nach einem zungekuss mit sechzehn das leben verbauen? die hiesige doppemoral feiert hochzeit.

  35. @moleskin: Richtig, wir sind uns einig, dass Polanski verbotenen Sex mit einer 13jährigen hatte, das scheint sicher zu sein.

    Das Wort „Kinderschänder“ würde ich nur mit Vorsicht gebrauchen. Für mich sind das Leute, die den krankhaften und dauerhaften Trieb haben, sich an Kindern zu vergehen. Für mich ist das ein Synonym für Triebtäter.

    Polanski hätte damals in den USA angemesssen verurteilt werden müssen.

    Und da liegt das Problem: Nach öffentlichen Informationen wollte der Richter Polanski entgegen in den USA legalen Absprachen zu 50 Jahren verurteilen. Das Polanski das nicht akzeptieren konnte und floh, kann ich verstehen. Die USA trägt eine sehr große Verantwortung für die entstandene Situation. Und genau aus diesem Grunde sollten die USA das Verfahren nach 30 Jahren einstellen und nicht versuchen, die Schweiz für ihre Ziele zu
    instrumentalisieren.

    Die Kulturschaffenden in den USA setzen sich sehr wohl für viele wichtigen politischen Ziele ein. Das hat man doch gerade bei der Wahl von Obama gesehen.

  36. @jürgen: das ist der punkt: in den usa muss ich als täter mit einer gewissen willkür oder rechtsunsicherheit rechnen. in der schweiz muss ich das weniger – so zumindest mein eindruck. das zeigt sich m.e. nach auch darin, dass solche fälle eben buchstabengetreu erledigt werden.

    diese rechtssicherheit in frage zu stellen, indem ich herrn polanski einfach laufen lasse – sorry, aber das ist es nicht wert.

    und ich dachte an die kulturschaffenden in der schweiz, die sich gerade so lauthals empören – nicht an diejenigen in den usa. sorry für das missverständnis.

  37. mann, Mick! ich glaube, so viel kommentar war noch nie hier in deinem blog. medienunterricht live. (@alle anderen: sorry, dass ich hier dazwischenquatsche – bin schon fertig).

  38. @moleskin: Die Rechtssicherheit wird nicht in Frage gestellt, wenn man Polanski nicht ausliefert. Es sei denn, man hätte in vergleichbaren Fällen stets ausgeliefert, dann hätte man ein Argumentationsproblem.

    Es wird auch nicht so sein, dass alle Sexualstraftäter der Welt sich ermutigt fühlen.

    Aber umgekehrt: Wenn sich die Schweiz durch die USA instrumentalisieren lässt, wird die Schweiz in Zukunft von den USA als Handlanger betrachtet werden, der willfährig die Anweisungen der USA ausführt.

    Es ist ganz wichtig, dass die Schweiz ein sehr gute Lösung wählt, die unabhängig ist und dass sich die Schweiz nicht scheut, den USA eine Absage zu erteilen, wenn die Schweiz der Auffassung ist, dass in diesem Fall ein faires Verfahren in den USA nicht zu erwarten ist und deshalb nicht ausgeliefert wird.

    Es gibt sehr gute rechtliche Gründe, Polanksi nicht auszuliefern. Art. 2 des Auslieferungsvertrages sagt, dass er nur ausgeliefert werden kann, wenn die Straftat nach „dem Recht beider Vertragsparteien mit Freiheitsentzug von mehr als einem Jahr bestraft werden kann“. Und auf das Wort „kann“ kommt es an.

    Die Straftat kann nicht bestraft werden, weil sie verjährt ist.

    Wenn es um die prinzipielle Strafbarkeit geht, würde ein Jurist sagen, „wenn die Tat in beiden Staaten mit Freiheitsentzug von mehr als einem Jahr strafbar ist“.

    Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung sagt (gekürzt): Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm […] unmenschliche […] Bestrafung droht. Man kann argumentieren, dass eine Bestrafung von 50 Jahren unmenschlich ist und die Auslieferung mit Verweis auf die Bundesverfassung verweigern.

  39. Nachtrag:

    In Artikel 5 des Bundesgesetzes
    über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) heißt es:

    Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn seine Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert und die Strafverfolgung oder die Vollstreckung nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre.

    Also kommt es auf die Verjährung an.

    Die Haft ist eine Zwangsmaßnahme und nach Schweizer Recht ist die Tat verjährt.

  40. Einen negativen Auslieferungsbescheid durch die Richter würde noch nicht automatisch Straffreiheit für Polanski bedeuten …
    Denn wenn man streng juristisch argumentieren will, dann könnte man sich mit Art.5, lit.b StGB fragen, ob man Roman Polanski nicht auch in der Schweiz prozessieren könnte, und zwar wegen sex. Handlungen mit Kindern (Art. 187). Denn das Opfer war weniger als 14 Jahre alt ….
    Was ich an diesem StGB-Artikel nicht verstehe: welche Verjährungsfristen gelten denn? Diejenige des Inlands (Schweiz) oder des Auslands (USA in diesem Fall)
    Und müsste in diesem Fall ein „Zürcher“ Staatsanwalt Anklage gegen Polanski erheben (oder ein Bundesanwalt?), nachdem er sich das Dossier von seinem kalifornischen Kollegen hat schicken lasssen

  41. Warum hat sich Polanski nie der Justiz in den USA gestellt? Warum ist es etwas anderes wenn es eine prominente Persönlichkeit trifft? Wie sollen die Schweizer Behörden feststellen, wann Herr Polanski in der Schweiz ist (sind es nicht dieselben die immer den Spitzelstaat abgeschafft haben wollen????). Wenn es meine Tochter wäre würde ich dieses Sch… sein Leben lang verfolgen, Prominent oder nicht…Er hat Rechtsmittel und er wird Recht bekommen, wenn dem so ist…er kann sich ja sicher einen Top-Anwalt leisten (was ja auch nicht jede/r kann!!)

  42. Der Auslieferungsvertrag mit den USA ist nicht eindeutig in Bezug auf Verjährung.

    Art. 5 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe ist eindeutig:

    „Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn seine Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert und die Strafverfolgung oder die Vollstreckung nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre.“

    Es kommt auf Schweizer Verjährungsrecht an. Das wird aber in der Presse systematisch verdreht, weil die Redakteure keine Ahnung haben und irgendwelchen sogenannten Experten oder der Justiz glauben.

    Wegen der Bundesverfassung hängt die Verjährung in der Schweiz allein davon ab, ob das Opfer ein
    „Kind vor der Pubertät“ war.

    Die Dokumente sind bei admin.ch:

    – Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe
    in Strafsachen (IRSG)

    – Auslieferungsvertrag
    zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
    und den Vereinigten Staaten von Amerika

    – Schweizerisches Strafgesetzbuch

    – Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft

    Die Dateinamen sind:

    0.353.933.6.de.pdf 101.de.pdf 311.0.de.pdf 351.1.de.pdf

  43. @edi: Jeder kleine Mann würde nach Schweizer Recht nicht ausgeliefert werden. Nur bei Polanksi verdreht man zur Zeit das Recht. Das ist die Wahrheit!

    Und man kann die Wahrheit nur finden, wenn man sich die Gesetze selbst durchliest. In der Presse steht nur Unfug.

  44. Mit Bezug auf meinen vorherigen Kommentar stellt sich mir nun die Frage nach einer extraterritorialen Anwendung von Schweizerischen Strafrecht: gilt das nur für CH-Bürger/innen? Wenn ja, dann müsste man sich mit Art. 7 StGB fragen, ob Art. 7,2, lit.b zum Tragen kommt:
    Hat der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird?
    Gemäss staatsvertraglicher Verpflichtung verfolgte Auslandtaten (Art.6 StGB) kommt das Universalitätsprinzip bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. zum Tragen.
    Fragt sich nun also, ob Polanskis Einsatz von Drogen bei der Unzucht mit der Minderjährigen gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen hat …

  45. Gemäß Art. 5 des Schweizerischen Strafgesetzbuches gilt dieses auch für eine Auslandstat und auch für Nicht-Schweizer: sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187), wenn das Opfer weniger als 14 Jahre alt war.

    Wenn das Gesetz nur für Schweizer gilt, ist dies ausdrücklich erwähnt, siehe Art. 7:

    „Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen
    nicht gegen einen Schweizer begangen …“

    Das ändert aber nichts an der Verjährung.

  46. Wobei wollte man Polanski in der Schweiz tatsächlich wegen Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz anzeigen, dann würde sich die nächste Frage, ob 1978 ein solches internationales Abkommen schon in Kraft war (war es vermutlich nicht) nach dem Legalitätsprinzip von Art 1 StGB „nulla poena sine lege“

    Oder können sich die internationalen Verträge auch auf Straftaten beziehen, die vor diesem Abkommen begangen worden sind?

  47. Also das Bundesgesetz über internationale Rechtshife in Strafsachen stammt aus dem Jahr 1981, also drei Jahre nach 1978. Ich recherchiere jetzt mal, wie alt der Auslieferungsvertrag zwischen USA und CH ist

  48. @jürgen: nicht vergessen – über die auslieferung wurde bislang nicht entschieden. es wurde also kein recht verdreht – weil noch kein kein recht gesprochen wurde.

    bis jetzt wurde lediglich der haftbefehl vollzogen. ausgelöst von einem vielleicht übereifrigen beamten. nur: mit übereifrigen beamten kann ich leben – mit willfährigen beamten aber nicht. ich will keine vollzugsbeamten, die an ihrem schreibtisch sitzen und sich sagen: „nö, das mach ich jetzt nicht, weil die verjährung ist rechtlich strittig und meiner frau hat der letzte film von ihm gefallen.“ diesen gedanken finde ich schrecklich.

    noch zur these der willfährigkeit gegenüber den usa: wer kommt auf die idee, dass die schweiz mit der verhaftung polanskis einen gefallen tut? vielleicht einem kalifornischen staatsanwalt, ja. aber die bundesregierung und herr obama hätten doch ein riesiges problem, wenn polanski 50 jahre ins gefängnis müsste. ich glaube kaum, dass obama von der idee entzückt ist, eine lebenslange haftstrafe für polanski gegenüber seinen anhängern erklären zu müssen. die schweiz ist gerade daran, den usa ein problem aufzuhalsen, nicht einen gefallen zu tun.

    noch zur empörung ein vorschlag für einen kleinen test: einfach den namen ‚roman polanski‘ durch einen anderen namen ersetzen, z.b. ‚marc rich‘. und dann in sich hineinhören und nachschauen, wie gross die eigene empörung noch ist. falls die empörung kleiner oder grösser ist, geht es offenbar nicht nur um ein gesundes rechtsempfinden, sondern um eine person.

Kommentar verfassen