Karl Mays AVATAR

Neytiri und Jake Sully in 'Avatar' © 20th Century Fox
Neytiri und Jake Sully in 'Avatar' © 20th Century Fox

James Camerons Avatar ist spektakulär, unterhaltsam, clever und bahnbrechend in technischer Hinsicht. Der Film hat sogar, gemessen am sonst üblichen infantilen Blockbuster-Niveau, eine halbwegs intelligent erzählte Geschichte. Bloss kommt sie uns in der Schweiz und in Deutschland überraschend bekannt vor (und ich bin sicher weder der einzige noch der erste, dem die Parallelen aufgefallen sind): Die Geschichte des Jake Sully, der im Körper eines Avatars die Na’vi auskundschaften soll und sich dabei in die schöne Häuptlingstochter verliebt, ist die von Old Shatterhand in Winnetou I. Wir erinnern uns: Der Deutsche kommt im Auftrag der Eisenbahngesellschaft als Ingenieur und Vermesser in den Westen, stellt fest, dass er missbraucht wird, um den edlen Apatschen ihr Land abzunehmen, und schlägt sich auf die Seite der Indianer. Die schöne Häuptlingstochter Nscho-tschi rettet ihm zuvor aber das Leben und verliebt sich in ihn, zu einem Zeitpunkt, als ihr Volk dem Bleichgesicht noch keineswegs über den Weg traut. Nun: Avatar erzählt die gleiche Geschichte. Macht aber nichts, denn erstens ging uns schon Winnetou wieder und wieder und wieder zu Herzen, und zweitens funktioniert auch diese neue High-Tech-Version der Geschichte sowohl emotional wie auch auf der schieren Überwältigungsebene.

Nscho tschi (Marie Versini) und Old Shatterhand (Lex Barker) in 'Winnetou'
Nscho tschi (Marie Versini) und Old Shatterhand (Lex Barker) in 'Winnetou'

11 Antworten auf „Karl Mays AVATAR“

  1. Bildunterschrift zum 2. Bild: „Guck mal, mit diesen neumodischen Digitalkameras kann man sich prima selber fotografieren!“

  2. Naja, das war 1963. Da hat Lex Barker das Selbstporträt mit Frau Versini noch selber gemalt. Oder er hat das Polaroidbild sorgfältig trockengeblasen und mit einem kleinen Wachsstift fixiert, bevor Ralf Wolters aka. Sam Hawkins sein Patschhändchen drauf drücken konnte…

  3. najanaja. Wessen AVATAR auch immer… Ich dachte eher an die US-amerikanische Legende der Pocahontas (das vielleicht auch Herr May damals aktualisiert hat, von dem her stimmt’s schon).

    Wie auch immer. Aber von emotionaler und bildtechnischer Überwältigungsebene hab ich nichts mitbekommen.

    Zweieinhalb Stunden 3D waren für mich alten Knochen zuviel. Diese Technik funktioniert nicht mit schneller Action und/oder schnellen Kameraschwenks & -fahrten. Das Bild war dadurch meistens „unscharf“, und nach einer Stunde hatte ich bereits Kopfschmerzen – ist mir bisher noch bei keinem der neuen 3D-Filmen passiert. Die ruhigeren Bilder hingegen waren gut.

    Dann die blauen Männchen: Lausig wie bisher auch sonst immer animiert, wirkten sie künstlich, leblos. Ich konnte zu ihnen keine Emotionen aufbauen. Dann: ein schrecklich dünnes Drehbuch, übelste Expositionsdialoge, wo sich die Figuren auf dümmste Weise selbst einführen (lieber zeigen als plappern, Herr Cameron, das wäre Kino), ein Film voller Anschlussfehler & Mangel an innerer Logik (zB. fällt keinem der Blauen auf, dass Herr Scully manchmal „entschwindet“ – das ist erst am Ende wegen der Spannungssteigerung ein Thema, dann aber gehäuft), zudem ständig ein martialisches Gemetzel, ohne dass ein einziger Tropfen Blut fliessen würde (TWILIGHT …? Ist wieder eine Säuberung im Gange?).

    Die Bilderwelt des Planeten Pandora (warum eigentlich heisst der so? Wo ist der Bezug zu diesem Mythos? Oder kommt das in Teil 2 – 12?) war schon in einigen Animefilmen zu sehen. Zwar nur 2D, aber meistens mit überzeugenderer und überwältigender Geschichte. Genau so auch die Maschinen-Menschen, reine Japanimporte. Aber diese Filme laufen leider sehr selten in unseren Kinos.

    Kurz: AVATAR ist ein Bruntz & eine Zeitverschwendung. Auch wenn der Anspruch pures Popcorn-Achterbahn-Kino ist… Ich erwarte ja nicht allzu viel, aber wenigstens zusammenhalten sollte es, und, nicht zuletzt, ein wenig Humor haben. Denn nicht mal die Militär-Karikaturen waren lustig. (schnaufff…)

  4. @Primo Uff! Das musste wohl raus. Kann ich alles nachvollziehen. Je nach Gewogenheit der Perspektive. Ich hatte meinen Spass an der Achterbahnfahrt, wie seinerzeit schon bei der 3D-Version vom Beowulf, die ich in 2D volldeppert fand. Hat wohl schon auch damit zu tun, dass bei einer solchen Kiste die Dramaturgie zweitrangig ist, so lange der Rhythmus stimmt. Aber Du hast Recht Primo: Wenn man sich überlegt, was man mit dieser Technologie tatsächlich machen könnte, dann kommen auch mir die Tränen.

  5. Mit der technischen Öffnung des Raumes sinkt das Angebot, sich (im Kino) selber ein Bild machen zu dürfen, paradoxerweise gegen Null. Der Faschismus der Konsum-Industrie ist bald erfüllt – man folgt, ist überwältigt und wird ahnungslos erschlagen.
    Einer, der den Schund subversiv gegen sich selbst gewendet hat, war doch Verhoeven – er hat gerade am Beispiel des Totalen die Affirmation gebrochen.

  6. @ Stefan Peter: Interessanter Ansatz mit Verhoeven. Er hat allerdings bei seinen US-Filmen klar auf Camp gesetzt, von Robocop über Starship Troopers bis Showgirls. Und man hatte immer den Verdacht, dass er mit Hollywood ein zynisches Spiel trieb, subversiv-affirmativ, oder auch einfach bissig-opportunistisch. Dafür machen diese Filme, vor allem Starship Troopers, auch heute noch einfach Spass.

  7. @ Stefan Peter: Muss ich mich jetzt also schämen, dass ich mich von dem Film wirklich gut habe unterhalten lassen?? Ich kann ein paar Punkte an dem Verriss nachvollziehen und halte es trotzdem mit Michael Sennhauser: Geschichte von vorgestern – Bilder von übermorgen. Beste Unterhaltung.

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