Berlinale: TUAN YUAN (Apart Together) von Wang Quan’an

Dass die Berlinale den Ruf hat, das politischste der grossen Filmfestivals zu sein, wird hier schon am ersten Tag überall gern betont und wiederholt. Und auch der Eröffnungsfilm dieser 60. Jubiläumsberlinale ist dementsprechend programmiert. Der chinesische Regisseur Wang Quan’an ist zum dritten Mal an der Berlinale vertreten, 2007 gewann er mit Tuya de hunshi (Tuyas Hochzeit) den goldenen Bären. Jetzt durfte er mit Tuan Yuan die Berlinale eröffnen. Eine symbolträchtige Eröffnung: Im Film geht es um die chinesische Teilung und um ein familiäres, taiwanesisch-chinesisches Wiedersehen. Erzählt wird eine Geschichte, wie sie auch unzählige deutsch-deutsche Familien erlebt haben könnten. Und so passt diese Eröffnung wie die Faust aufs Auge für diese 60. Ausgabe der internationalen Berliner Filmfestspiele, deren Geschichte so eng verknüpft ist mit der deutschen-deutschen Teilungsgeschichte. Oft genug war die Berlinale ein filmisches Fenster in den Osten in der sonst so undurchdringlichen Mauer.

Im Film «Tuan Yuan» kehrt ein ehemaliger Kuomintang-Soldat nach 50 Jahren zum ersten Mal aus dem unfreiwilligen taiwanesischen Exil nach Shanghai zurück. Er trifft seine ehemalige Verlobte, die er damals schwanger zurückgelassen hatte und die nun mit einem anderen Mann eine Familie hat. Der vertraute Fremde oder der fremde Vertraute wird selbstverständlich und freundlich in der Familie aufgenommen – bald aber sieht sich die Frau vor einer Entscheidung: welche Gefühle sind grösser, die neu aufflammende Leidenschaft gegenüber ihrer Jugendliebe oder die Dankbarkeit und Zuneigung gegenüber ihrem Ehemann, der jahrzehntelang zu ihr gehalten hatte? Auch wenn die asiatische Art, über Gefühle zu reden und Gefühle zu zeigen für uns Mitteleuropäer manchmal etwas fremd ist, sind die angesprochenen Themen universell: Trennung, Wiedervereinigung, Familie und die Sehnsucht danach. Und all diese Kämpfe, diese Szenen, dieses Hin- und Her der Protagonisten und ihrer Familie spielt sich immer um den Esstisch ab. Das hat mir und vielen Kolleginnen und Kollegen, wie rund herum zu hören war, schwer zu schaffen gemacht. Der Film lief zur Mittagszeit. Und in fast jeder Szene wird entweder eingekauft, gekocht oder gegessen – und das sieht alles so appetitlich aus, dass in den nächsten Tagen wohl die Berliner Chinarestaurants gute Umsätze machen werden. Schliesslich sagte auch Regisseur Wang Quan’an, an der Pressekonferenz auf diese vielen Essszenen angesprochen: „Eines der wichtigsten Exportgüter Chinas ist seine Gourmetküche.“ En Guete, made in China!

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