Berlinale: HOWL von Rob Epstein und Jeffrey Friedman

Aaron Tveit und James Franco in 'Howl'
Aaron Tveit und James Franco in 'Howl'

Allen Ginsberg zum Frühstück, das mag schwer verdaulich klingen. Die filmische Collage über das erste veröffentlichte Werk eines der bedeutendsten amerikanischen Dichter des 20. Jahrhunderts war aber heute früh eine feine Sache. Der Film der beiden Regisseure Rob Epstein und Jeffrey Friedman ist kein Biopic der gängigen Art. Es ist eine Art filmische Dichtung über dieses Gedicht und seine Veröffentlichung, die die amerikanische und auch die Welt-Literatur veränderte. Aus vier verschiedenen Perspektiven beleuchtet der Film das Gedicht Howl, dessen Rezeption und den Schriftsteller Allen Ginsberg: In schwarzweisser 50er Jahre-Optik wird Ginsbergs erste öffentliche Lesung des langen Gedichts 1955 nachgestellt – abwechselnd mit animierten, illustrativen Szenen zum Gedicht, gestaltet vom Zeichner und früheren Ginsberg-Mitarbeiter Eric Drooker und musikalisch illustriert von Carter Burwell. Verschiedene Interviews mit Ginsberg sind zu einer einzigen Interviewsituation zusammengesetzt und setzten den 2 Jahre älteren Ginsberg und seine homosexuelle Biographie in den Fokus (Ginsberg wird übrigens gespielt von James Franco) – und schliesslich wird die Gerichtsverhandlung nachgespielt, in der das Gedicht «Howl» als obszön und literarisch nicht relevant auf der Anklagebank liegt. Das überraschende Urteil des Richters machte 1957 Werk und Dichter gleichermassen weltberühmt – und gilt als die Geburtsstunde der sogenannten Gegenkultur oder beat generation. Zudem sind einige filmische Schnappschüsse aus dieser frühen Zeit Ginsbergs (z.B. von seiner Freundschaft zu Jack Kerouac) sparsam eingestreut.

Diese filmische Collage über ein literarisches Werk, seine Publikation und früheste Rezeption ist dabei leicht und mit viel Esprit geraten – es ist ein unglaublich lustvolles Rezitieren, Reden und Streiten über Literatur. Und wenn sich konservative Literaturprofessoren, die als Zeugen vor Gericht geladen sind, in ihre altmodischen Ansichten von «guter» und «schlechter», bzw. wertvoller contra wertloser Literatur verstricken, möchte man gleichzeitig laut lachen (was in der Vorführung auch herzhaft getan wurde) und sich gleichzeitig sich mit Lust und Verve mit in die Diskussion stürzen.

James Franco in 'Howl'
James Franco in 'Howl'

Den Filmemachern ist es absolut gelungen, den Sog, den dieses Gedicht «Howl» erzeugt, auch mit ihrem gleichnamigen Film zu erzeugen, und Allen Ginsberg eine ebenso schlichte wie mitreissende Hommage zu widmen. Ohne zu kommentieren, interpretieren oder zu werten haben die Regisseure dennoch – in sehr poetischen Stil verpackt – den Finger immer wieder auf die wichtigen gesellschaftlichen Themen der 50er Jahre gelegt, die auch Ginsberg selber ein Anliegen waren. Es ist schön, dass es solche kleinen, in Stil und Form etwas experimentellere Perlen auch im Wettbewerb der Berlinale zu sehen gibt!

2 Antworten auf „Berlinale: HOWL von Rob Epstein und Jeffrey Friedman“

  1. Der Mix aus Schwarz-Weiss und Animation, aus Poetry und Jazz-Musik hat mir besonders gut gefallen: Tolles Frühstückskino! Zu hoffen, dass „Howl“ ein Schweizer Verleiher finden wird.

  2. Ein starker Film! Es schreit nach Goldenem Bären, oder mindestens silbernem, vorausgesetzt, die Jury ist in der Lage solche Perlen zu schätzen und würdigen…
    Prädikat: besonders wertvoll!

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