Berlinale Telegramm 05: Taschen tauschen

Berlinale Tasche 2010 © Häring

Das ist meine Berlinale-Tasche. Sie ist praktisch und robust. Und schrecklich bunt, Grundfarbe violett, was ich ganz und gar nicht mag. Aber trotzdem ist mir meine Berlinale-Tasche nicht grad ans Herz, aber doch an die Schulter gewachsen. Sie bietet fast unendlich viel Platz für alles, was man so braucht im Festivalalltag: Aufnahmegerät inklusive Mikrofon und diverse Kabel, den Laptop, den Festivalkatalog, meine diversen Festivalunterlagen, ein Buch für die U-Bahn, Schlüssel, Portemonnaie und zwei Handys, Taschentücher, Hustenbonbons und was der Dinge mehr sind, die ich als Frau so tagtäglich mit mir herumschleppe (das alles auch noch im Detail aufzuzählen, würde hier doch zu weit führen). Meine Berlinale-Tasche ist mir seit meiner Akkreditierung, wo ich Tasche samt Katalog ausgehändigt bekommen habe, zur treuen Begleiterin geworden. Und genau so wie ich tragen mindestens zwei Drittel aller 4000 Akkreditierten auch ihre ganz persönliche Berlinale-Taschen mit sich herum. Und nicht nur das: Nichtakkreditierte Festivalbesucher können sich die Tasche kaufen. Viele gleiche Taschen an vielen Schultern, neben Restauranttischen auf dem Boden, unter Kinosesseln etc.

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Die Zukunft des Kinos mit Ian Pearson

Brainstorm Christopher Walken Strange Days Montage

James Camerons 3D-Spektakel Avatar schlägt globale Kassenrekorde, Hollywood feiert die neue alte Technologie als Quotenrenner der Zukunft – dabei stammt das Konzept aus den fünfziger Jahren. Was kommt im Kino nach der 3D-Welle? Michael Sennhauser spekuliert mit dem Futurologen Ian Pearson über Hirnkino und Gefühlsaufzeichnung. Auch dies Konzepte, welche zumindest das Science-Fiction-Kino längst schon fruchtbar gemacht hat: Mit Douglas Trumbulls Brainstorm schon 1983, und natürlich mit Kathryn Bigelows Strange Days von 1995, nach einem Drehbuch von … James Cameron.

Montag, 15. Feb. 2010, 11.03-11.34 Uhr, Schweizer Radio DRS 2
Montag, 15. Feb. 2010, 22.03-22.34 Uhr, Schweizer Radio DRS 2

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Berlinale: EXIT THROUGHT THE GIFT SHOP – Noch ein Geist

Banksy ©Paranoid Pictures
Banksy ©Paranoid Pictures

Polanski ist nicht der einzige abwesende Regisseur im Wettbewerb der Berlinale. Exit Through The Gift Shop heisst der Erstlingsfilm des Streetart-Künstlers Banksy. Der ist mittlerweile weltberühmt als Künstler, weit über die Graffitti-Szene hinaus. Seine Werke hängen im New Yorker MoMa, in der Tate Gallery und es gehört zum guten Ton unter den Kunstsammlern dieser Welt, neben den Picassos und van Goghs auch einen „Banksy“ zu besitzen.

Um seine Identität aber macht der Künstler ein grosses Geheimnis. Kein Wunder, mit seiner Kunst überschreitet er immer wieder die Grenze zur Illegalität, wenn er etwa die Mauer im palästinischen Westjordanland verschönert. Vor dem Film gab’s eine Videobotschaft ans Berlinalepublikum. Das Gesicht nicht sichtbar, die Stimme verstellt, begrüsste Banksy die Besucherinnen und Besucher und entschuldigte sich für sein Fernbleiben.

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Berlinale Telegramm 04: Skurrile Momente

Startbereiter Snöber am Potsdamer Platz (oben links) © Häring
Startbereiter Snöber am Potsdamer Platz (oben links) ©Häring

Ich liebe Filme, in denen für einen kurzen Moment etwas total Schräges passiert – am besten am Rand einer Szene, im Hintergrund und ohne direkten Zusammenhang mit der Handlung. Eine meiner Lieblingsszenen dieser Art gibt’s in der TV-Serie Twin Peaks. Die spielt in einer Kleinstadt ganz im Norden der USA. Und plötzlich läuft ein Lama durchs Bild. Ich liebe solche Momente im Kino. Was aber, wenn man solche Momente erlebt, wenn man grad das Kino verlassen hat? Von einem Termin zum anderen hetzt? Dann kann man sich schon einmal im sprichwörtlichen falschen Film wähnen. Ich zum Beispiel stand heute plötzlich vor einer überlebensgrossen Giraffe. Aus Lego. Und bemerkte amüsiert, dass der Dokumentarfilm „Brigitte an der Berlinale“ durchaus noch mehr solcher kleinen, surrealistischen Schnappschüsse beinhaltet:

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Berlinale: Wer steht denn da?

The Legs © 2010 Concorde Filmverleih GmbH
The Legs © 2010 Concorde Filmverleih GmbH

Wer erkennt die Beine? Den Film? Passender Dialog-Ausschnitt:

Henry, hurry up. My mother’s making fried peppers and sausage for us. – Here’s an arm. – Very funny. Here’s a leg. Here’s a wing. What do you like, the leg or the wing? Or you still prefer the hearts and lungs? Oh, that’s so bad.

Lösung nach dem Sprung (Sorry für Feedreader, da ist der Witz natürlich sprunglos verschenkt).

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Berlinale Telegramm 03: Warten auf…

In Berlin mit 'Shutter Island': Martin Scorsese

Ich habe zu Beginn versprochen, auch Alltägliches vom Festivalbetrieb zu berichten. Aufregend ist’s gewiss oft genug, ungewohnt und spassig. Wenn zum Beispiel direkt im Kinosessel vor uns Stars wie Renée Zellweger (die man als normalsterbliche Filmjournalistin auf der Leinwand und nicht davor sieht) oder der Schriftsteller Nuruddin Farah sitzen, weil die Jury die Filme mit der Presse zusammen guckt. Oder wenn man einmal live erlebt, wie schnell Martin Scorsese wirklich reden kann – als Antwort auf eine simple Frage rattert er einfach ein Jahrzehnt Filmgeschichte herunter (in ca 1,5 Minuten) …

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Berlinale: Gescheiterte Söhne, schuldige Mütter

George Pistereanu, Ada Condeescu in: 'Eu cand vreau sa fluier, fluier'
George Pistereanu, Ada Condeescu in: 'Eu cand vreau sa fluier, fluier'

Gleich zwei Filme im Wettbewerb hatten heute die gleiche Konstellation: jeweils zwei Brüder mit gebrochenen Biographien und dahinter eine Mutter, die offensichtlich versagt hat. Aber das ist eben das Tolle am Kino: wiederkehrende Themen in ganz unterschiedliche Werke. Der erste Film stammt aus Rumänien und heisst Eu cand vreau sa fluier, fluier (Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich) und ist von Florin Serban. Mit ganz einfachen Mitteln – Handkamera, Originalschauplatz, Laiendarsteller – setzt der junge rumänische Regisseur ein Bühnenstück der Autorin Andreea Valean um: Silviu sitzt als jugendlicher Straftäter in einer Anstalt. Die Verhältnisse sind hart: Silviu ist in der Rangordnung weit unten. Schon zu Beginn des Filmes schwant einem, dass die baldige Entlassung auf der Kippe stehen wird. Silvius Familienverhältnisse sind ebenfalls schwierig – er hat seinen kleinen Bruder praktisch allein aufgezogen, weil seine Mutter in Italien lebt. Er selber wurde als Kind von der unsteten Mutter immer wieder weggegeben.

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Berlinale Telegramm 02

Metropolis am Brandenburger Tor

Openair-Veranstaltungen sind – das liege am Wetter und an angenehmen Temperaturen, sagen manche – eine Sache des Sommers. Nicht so in Berlin. Als gigantisches Geschenk der Geburtstagsberlinale an sein treues Publikum gab’s gestern Freitag Abend Freiluft-Kino. Die Uraufführung der rekonstruierten und um rund ein Drittel längere Fassung von Fritz Langs Metropolis mit dem Rundfunkorchester Berlin wurde live aus dem Friedrichstadtpalast auf eine gigantische Leinwand übertragen. Die hängt am symbolträchtigsten Bauwerk der Stadt, am Brandenburger Tor — dort, am Pariser Platz, ist sowieso der Berlinerinnen und Berliner liebster Festplatz. Dafür aber, dass heute einige hundert tatsächlich ausgeharrt haben um das filmhistorische Ereignis zu sehen, gebührt dem Berliner Publikum der cineastische Ritterschlag. Denn der eis- und schneeverkrustete Boden fing an, sich bei steigenden Temperaturen in Matsch zu verwandeln und von oben kam ein ekliger Graupelschnee, Schneematsch vom Himmel sozusagen. Ich hab nicht bis zum Ende durchgehalten und mich selber vertröstet auf eine baldige Vorführung in irgend einem warmen Kino. Aber all denen, die ausgeharrt haben und somit dem Kino und der Berlinale die Ehre erwiesen haben – Châpeau! Oder, eher passend: Mütze!

Schweizer Radio DRS, Echo der Zeit hat mit Kinemathek-Direktor Rainer Rother über die Restauration von Metropolis gesprochen. Und DRS2aktuell mit dem Korrespondenten Sven Ahnert.

Berlinale: HOWL von Rob Epstein und Jeffrey Friedman

Aaron Tveit und James Franco in 'Howl'
Aaron Tveit und James Franco in 'Howl'

Allen Ginsberg zum Frühstück, das mag schwer verdaulich klingen. Die filmische Collage über das erste veröffentlichte Werk eines der bedeutendsten amerikanischen Dichter des 20. Jahrhunderts war aber heute früh eine feine Sache. Der Film der beiden Regisseure Rob Epstein und Jeffrey Friedman ist kein Biopic der gängigen Art. Es ist eine Art filmische Dichtung über dieses Gedicht und seine Veröffentlichung, die die amerikanische und auch die Welt-Literatur veränderte. Aus vier verschiedenen Perspektiven beleuchtet der Film das Gedicht Howl, dessen Rezeption und den Schriftsteller Allen Ginsberg: In schwarzweisser 50er Jahre-Optik wird Ginsbergs erste öffentliche Lesung des langen Gedichts 1955 nachgestellt – abwechselnd mit animierten, illustrativen Szenen zum Gedicht, gestaltet vom Zeichner und früheren Ginsberg-Mitarbeiter Eric Drooker und musikalisch illustriert von Carter Burwell. Verschiedene Interviews mit Ginsberg sind zu einer einzigen Interviewsituation zusammengesetzt und setzten den 2 Jahre älteren Ginsberg und seine homosexuelle Biographie in den Fokus (Ginsberg wird übrigens gespielt von James Franco) – und schliesslich wird die Gerichtsverhandlung nachgespielt, in der das Gedicht «Howl» als obszön und literarisch nicht relevant auf der Anklagebank liegt. Das überraschende Urteil des Richters machte 1957 Werk und Dichter gleichermassen weltberühmt – und gilt als die Geburtsstunde der sogenannten Gegenkultur oder beat generation. Zudem sind einige filmische Schnappschüsse aus dieser frühen Zeit Ginsbergs (z.B. von seiner Freundschaft zu Jack Kerouac) sparsam eingestreut.

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Filmpodcast Nr. 168: A Single Man, Marsdreamers, Space Tourists, Berlinale, DVD Persepolis.

Mars is in Utah. Mars is in Utah. 'Marsdreamers' von Richard Dindo ©filmcoopi
Mars is in Utah. Mars is in Utah. 'Marsdreamers' von Richard Dindo ©filmcoopi

Kino im Kopf. Heute stellt uns Brigitte Häring Modemacher Tom Fords Erstling A Single Man vor, ich habe über Richard Dindos Marsdreamers und Christian Freis Space Tourists gesprochen, Brigitte Häring hat sich auf die Berlinale gefreut und über die DVD zu Persepolis. Dazu die üblichen Kurztipps und die Tonspur.

Saugen: Filmpodcast Nr. 168 (Rechtsklick für Download). Hören:


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