Das war ein schöner Abschluss für meinen diesjährigen Diagonale-Besuch, das Werkstattgespräch, welches Dominik Kamalzadeh mit dem Diagonale-Gast Romuald Karmakar und dem Darsteller seines Himmler-Projektes und der Frankfurter Lektionen, Manfred Zapatka, führen sollte. Sollte, denn Zapatka war verhindert, und so hat sich Karmakar etwas einfallen lassen, um doch etwas bieten zu können. Dank der fünf Festplatten in seinem Gepäck und dem Umstand, dass er sich ohnehin zur Zeit auf Österreich-Tournee befindet (wegen Werkschau und Buch) hat er ad hoc aus seinem Material Einblicke in die Vorbereitungen zum Himmler-Projekt mit Zapatka und zu den Dreharbeiten zu Die Nacht singt ihre Lieder zusammengestellt.
Und dabei kamen sehr schnell wieder zwei wesentliche Züge von Karmakars Schaffen und Denken zum Zug: Erstens, er ist die zentrale Kraft, auch bei den kollaborativen Anstrengungen (konkret: auf dem Podium ein eloquenter Selbstläufer, Kamalzadeh musste eigentlich nur noch das Publikum büscheln). Und zweitens: Seine Reduktionsmethode verunsichert auf jeder Ebene. Schon mit frühen Werken wie der Warheads-Dokumentation stiess er auf Widerstand bei den Kritikern. Es will denen (und damals auch mir, am Filmfestival in Locarno) einfach nicht geheuer scheinen, dass da einer sein Publikum für mündig genug hält, ohne distanzierende Anmerkungen des Filmschaffenden sich ein eigenes Bild von Söldnern und ihrem Handwerk zu machen. Oder eben von einer berüchtigten Himmler-Rede, welche Manfred Zapatka schauspielerisch vom Blatt wiedergibt, ohne einordnende Kommentare, ohne dass sich Filmemacher Karmakar davon abgrenzt. Warum sollte er auch, ist der Horror doch offensichtlich? Wenn sich dann das Entsetzen über die dargestellten Denkweisen, oder die Rede im Publikum Bahn bricht, vermisst dieses wohl durchaus hin und wieder das sonst so vorsorglich bereitgestellt Geländer einer ideologischen Vorverurteilung des Gezeigten, sozusagen den Wegweiser für das propere Denken. Und wenn Karmakar, dafür ist er berüchtigt, die Geduld verliert mit Kritikern, die sich schützend vor das Publikum stellen wollen, dann ist das so gesehen nachvollziehbar. Wenn es ihm passiert, dass er die Geduld verliert mit dem Publikum selbst (oder mit einzelnen Leuten aus dem Publikum), dann meist darum, weil sich da mangelndes Nachdenken manifestiert, beziehungsweise das sture Festhalten an den gewohnten Wahrnehmungs- und Einordnungskrücken, dessen was „man“ als Filmemacher darf, und was eben nicht. Was grundsätzlich immer passiert, wenn Karmakar präsent ist: Man wird wach.