Cannes 10: ROBIN HOOD von Ridley Scott

Russell Crowe und Ridley Scott auf dem Set von 'Robin Hood' ©Universal
Russell Crowe und Ridley Scott auf dem Set von 'Robin Hood' ©Universal

Mit den Eröffnungsfilmen und den Sperrfristen ist das so eine Sache. Und wenn die Aufmacherkiste nicht nur Cannes aufmacht, sondern global den Mittwoch oder Donnerstag, dann ist die Sache eh gelaufen. Auf diesen Robin Hood habe ich jedenfalls nicht gewartet. Das ist eine kompetente Kinomaschine aus der Scott-Manufaktur, Russell Crowe gibt eine Reprise seines heiseren Gladiators von vor zehn Jahren. Es wird viel gekämpft und schauplatzgewechselt. Fast wie in einem klassischen Bondfilm spielt jede zweite Szene an einem anderen Ort, vor einer Burg in Frankreich, in einem Wald in Frankreich, vor dem Tower in London, in einem Wald in Nottingham, in einem Wald in Südengland, an der Kanalküste – und weil das alles gleich aussieht, wird jede Szene brav mit einer Ortsangabeschrift eingeleitet. Das ist symptomatisch für dieses filmische Unterfangen, das sich in erster Linie vor Humor zu fürchten scheint, und gerade darum manchmal saukomisch wirkt. Aber was ist denn nun neu an diesem Robin (abgesehen davon, dass ihm der Batman zu fehlen scheint) ?

Entmystifizierung der Legende soll da die treibende Kraft sein, aber wie schon bei Fuquas King Arthur entpuppt sich das als absurdes Konzept: Legenden beziehen ihre Kraft und Attraktivität ja eben aus der Mystifizierung. Wenn nun sozusagen der Robin Hood vor der Legende gezeigt werden soll, dann hätten zumindest die Bedingungen, welche zur Legendenbildung führten, zuerst klar analysiert werden müssen.

Aber in diesem Film ist Robin ein Bogenschütze im Kreuzfahrerheer von König Richard. Richard Löwenherz ist eine Kriegsgurgel, sein Bruder John ein feiger Idiot, und der eigentliche Bösewicht ist ein Sir Godfrey (Mark Strong), der mit den Franzosen gemeine Sache macht. Der einzige halbwegs interessante Twist in der Geschichte ist der Umstand, dass Robin sich bei Marian als Ehemann ausgeben darf (auf Geheiss des Schwiegervaters), um ihr Gut vor der korrupten Krone und dem Sheriff von Nottingham zu schützen. Da kommt ein Hauch von Flirt auf, wenn Russell Crowe und Cate Blanchett die Leinwand teilen, nicht aber das Bett.

Dieser Robin Hood ist als Film ein Bastard, da steckt viel zu viel von allem drin, und wenn zum Schluss die verwilderten Kinder von Nottinghamshire im Sherwood Forrest mit den Merry Men und der married Marian ums Feuer tollen, schlägt der Gladiator auch noch um in einen Ewoks-Movie. Das ist kein Neubeginn für Robin Hood, wie es etwa Batman Begins für den Flatterman war, sondern eine Sackgasse. Dass King John am Ende auch noch süffisant einen ersten Entwurf für die Magna Charta zerreissen darf, löst leider auch keinen heiligen Schauder aus. Für die meisten Kinogängerinnen und Kinogänger des Zielpublikums fehlt auch hier wieder das Echo der Legende und der Historie, auf die der Film stets nur pro forma verweist. Dass Robin Hood in den Zeiten der globalen Finanzkrisen eine gewisse Aktualität haben könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber es ist ein wenig paradox, wenn ein Film Demokratie zu propagieren vorgibt, Willkür anklagt, politische Solidarität einfordert, und dabei fast immer zum Gähnen ist, es sei denn er lässt Pfeile fliegen, Schwerter krachen, Feuer brennen und Bösewichte bösewichten.

Ab morgen auch in den Schweizer Kinos.

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