Cannes 10: WALL STREET – MONEY NEVER SLEEPS von Oliver Stone

Michael Douglas und Shia LaBoeuf in Wall Street 2

23 Jahre nach dem Original sind Oliver Stone und Michael Douglas alias Gordon Gekko wieder da, mit der Fortsetzung, die zunächst das Leben, bzw. die Realität geschrieben hat. „Neben diesen Typen von heute war ich ein kleiner Fisch“, erklärt der seinerzeit für Insider-Geschäfte verurteilte Gekko mit Blick auf die Machenschaften, welche zur Sub-Prime-Krise und in der Folge der bisher grössten globalen Bankenkrise geführt hat. Das ist natürlich ein wunderbarer Kinostoff, nur schon darum, weil Stone nicht nur seinen Original-Film als visionär re-etablieren kann, sondern ganz schamlos so tun, als ob Wall Street eigentlich alles, aber wirklich alles schon vorausgesagt hätte. Und vielleicht trifft das ja sogar zu. Denn die Mechanismen, die Finanzinstrumente, die globalen Entwicklungen werden auch in diesem Film wieder so sehr vereinfacht, dass ein Laienpublikum recht gut ausmachen kann, wer wo warum zu den Bösen und Gierigen gehört. Wie aber perpetuiert man die eigene Legende?

Wall Streets Gordon Gekko war eine Karikatur, aber eine einleuchtende. Und so spielt Michael Douglas auch sein gealtertes Ego: Als Legende. Der Film nutzt diesen Mechanismus, die Figur im Film nutzt ihn und das Drehbuch sowieso. Wenn Gekko aus dem Gefängnis kommt und als erstes ein Buch veröffentlicht mit dem fragenden Titel „Is Greed Good?“ dann spielt die Musik auf jeder Ebene.

Wall Street – Money Never Sleeps spielt mit der ikonischen Figur Gordon Gekko im vollen Bewusstsein, dass der Film von damals nicht nur zum Klassiker geworden ist, sondern zu einer der wenigen populären Repräsentationen der Finanzwelt. Anders als die Verfilmung von Bonfire of the Vanities mit Tom Hanks, der es nie in den populären Kanon geschafft hat, ist Gordon Gekkos Diktum „Greed is good. Greed works“ zu einem Popquote geworden wie „I’ll be back“ oder „Go ahead, Punk. Make My Day!“ ein Satz, den die damit Karikierten für sich selber übernehmen und ihn zum Motto machen.

Das faszinierende an dieser Kinomaschine ist tatsächlich, dass sie so selbstreferentiell funktiniert. Das ist ein vordergründig simpler Mechanismus, schliesslich lebt der ganze Film vor allem davon, dass sein Publikum den grossen Crash mit erlebt hat und darum einigermassen Bescheid weiss über Sub-Prime Crisis, Bailout und ähnliches. Wenn also Susan Sarandon als Mutter des jungen Helden schamlos mit Häusern handelt und trotz der Warnungen ihres Sohnes natürlich untergeht damit, dann ist das einfachster Kinosuspense: „Don’t do it“ möchte man ihr zurufen, so hat das schon im Kasperle-Theater funktioniert, wenn wir Gretel auf die Ecke mit dem Krokodil zugehen sahen. Aber natürlich gibt es auch im Kino nichts schöneres, als die Bestätigung aller Verdachtsmomente. Und so gelingt es Stone sogar einigermassen, die persönliche Liebesgeschichte mit den Finanzstories zu verweben, zumindest auf der emotionalen Ebene.

Der Film erreicht nie die emotionale Tiefe und Komplexität von Coppolas Godfather-Trilogie, aber er schafft die Ehrenvolle Perpetuierung seiner eigenen Legende und reiht sich damit ein in den Populärkanon.

Kommentar verfassen