«Die Situation der Filmförderung ist katastrophal»

katastrophal

Schon erschreckend (oder beruhigend?), wie sich Schlagzeilen über Jahrzehnte gleichen und die selben Inhalte immer wieder auftauchen. Vor rund dreissig Jahren sahen die Zeitungstitel schon fast genau gleich aus wie heute, und das Vokabular hat sich auch nicht gross verändert. Zur obigen Schlagzeile in der Berner Zeitung von 1984 hier noch der passende Agenturtext aus dem gleichen August 1984. Immerhin auffällig: Die Zahlen waren damals kleiner. Es bleibt also doch nicht alles, wie es ist.

Schweizer Film in Finanznot
Appell der Fachverbände

Locarno. 14. Aug. [1984] (sda) Der Schweizer Film befinde sich in einer dramatischen Finanznot, und im Interesse seiner Weiterexistenz und Weiterentwicklung müssten sofort Massnahmen getroffen werden, erklärten die Filmschaffenden an einer Pressekonferenz der wichtigsten Schweizer Filmfachverbände am Rande des Filmfestivals in Locarno. Die Filmschaffenden bitten die eidgenössischen Parlamentarier dringend, für das kommende Jahr der Erhöhung des Bundesbeitrages an die Filmförderung, zurzeit 4,7 Millionen Franken, auf 7,5 Millionen Franken zuzustimmen.

Fast 200 Projekte im laufenden Jahr
Der Schweizer Film war nach Meinung der Filmgestalter noch nie so vital wie jetzt, gleichzeitig war aber noch niese wenig Geld dafür vorbanden. Der eidgenössische Filmkredit sie nie massiv erhöht worden, obwohl sich die Anzahl der beim Bund eingereichten Filmprojekte in den letzten Jahren vervielfacht habe und die Herstellung der Filme massiv teurer geworden sei. Allein dieses Jahr werden nach Angaben der Filmemacher rund 200 Projekte eingereicht werden, deren Budget sich zwischen 50’000 und 2,4 Millionen Franken bewegt.

Vom jetzigen Bundesbeitrag an die Filmförderung fliessen 2,6 Millionen Franken in die Filmproduktion. Die Filmgestalter gaben zu bedenken, dass sich in der Schweiz zwischen 100 und 200 Filmautoren in diesen Betrag teilen müssen, mit dem eine grosse internationale Filmproduktion im besten Fall einen Hauptdarsteller oder einen Teil des Werbebudgets finanzieren könnte.

Föderkredit 1985 bereits massiv belastet
Der eidgenössische Filmkredit für 1984 sei bereits aufgebraucht, mehrere Filmschaffende hätten ihre erhofften Bundesbeiträge in diesem Jahr nur teilweise oder gar nicht mehr ausbezahlt erhalten: auch die Subventionen für 1955 seien zu einem grossen Teil bereits aufgeteilt, erklärten die Filmgestalter weiter. Sie betonten, dass für neue Filmprojekte in den nächsten achtzehn Monaten – die geplante Erhöhung des Filmkredits vorausgesetzt – nur noch 0,6 Millionen Franken vorhanden seien, und plädierten deshalb auch für einen zusätzlichen „Sanierungskredit“ von 1,5 Millionen Franken.

Einer Erhöhung des Bundesbeitrags für die Filmförderung positiv gegenüber steht der Bundesrat, wie Bundespräsident Schlumpf am Wochenende in Locarno versichert hatte, ohne allerdings Zahlen zu nennen. Schlumpf hatte betont, dem Schweizer Film komme eine grosse Bedeutung zu, vor allem als Beitrag an die kulturelle und sprachliche Vielgestaltigkeit sowie als Möglichkeit der Darstellung der Schweiz. Aus diesem Grunde müsse man auch den Kostenaufwand in Kauf nehmen; der Gesamtbundesrat stehe Bestrebungen zur Förderung des eigenständigen Filmschaffens in der Schweiz positiv gegenüber.

[Schweizerische Depeschenagentur, 14. August 1984]

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