Berlinale 11: NADAR AND SIMIN, A SEPARATION

Leila Hatami in ‚Jodaeiye Nader az Simin‘ von Asghar Farhadi

Iranisches Kino ist hier in aller Munde – bis gestern vor allem wegen der Abwesenheit Jafar Panahis. Das hat sich seit gestern geändert: der iranische Wettbewerbsbeitrag von Asghar Farhadi, Nadar And Simin, A Separation war bis jetzt der mit Abstand stärkste Film. Farhadi zählt aktuell zu den wichtigsten Regisseuren des Lande und wurde hier an der Berlinale schon vor zwei Jahren für About Elly mit einem silbernen Bären ausgezeichnet. Dass er dieses Mal leer ausgehen könnte, ist fast nicht vorstellbar. Der Film beginnt vor dem Scheidungsrichter: Simin möchte die Scheidung von ihrem Mann, weil der sich weigert, das Land mit ihr zu verlassen. Sie möchte, dass ihre elfjährige Tochter nicht in diesem repressiven Land gross werden muss. Aber Nadar hat einen alzheimerkranken Vater, den er nicht alleine zurücklassen will – auch wenn der ihn nicht mehr erkennt.

Schon diese Konstellation einer modernen, gebildeten Familie in Teheran wäre Stoff für einen guten Film. Farhadi stellt dieser jungen modernen Familie aber eine ebenso junge, sehr traditionelle und religiöse Familie gegenüber und zeichnet so im Kleinen das Bild einer komplexen Gesellschaft im Iran. „Berlinale 11: NADAR AND SIMIN, A SEPARATION“ weiterlesen

«Die Situation der Filmförderung ist katastrophal»

katastrophal

Schon erschreckend (oder beruhigend?), wie sich Schlagzeilen über Jahrzehnte gleichen und die selben Inhalte immer wieder auftauchen. Vor rund dreissig Jahren sahen die Zeitungstitel schon fast genau gleich aus wie heute, und das Vokabular hat sich auch nicht gross verändert. Zur obigen Schlagzeile in der Berner Zeitung von 1984 hier noch der passende Agenturtext aus dem gleichen August 1984. Immerhin auffällig: Die Zahlen waren damals kleiner. Es bleibt also doch nicht alles, wie es ist.

Schweizer Film in Finanznot
Appell der Fachverbände

Locarno. 14. Aug. [1984] (sda) Der Schweizer Film befinde sich in einer dramatischen Finanznot, und im Interesse seiner Weiterexistenz und Weiterentwicklung müssten sofort Massnahmen getroffen werden, erklärten die Filmschaffenden an einer Pressekonferenz der wichtigsten Schweizer Filmfachverbände am Rande des Filmfestivals in Locarno. Die Filmschaffenden bitten die eidgenössischen Parlamentarier dringend, für das kommende Jahr der Erhöhung des Bundesbeitrages an die Filmförderung, zurzeit 4,7 Millionen Franken, auf 7,5 Millionen Franken zuzustimmen.

Fast 200 Projekte im laufenden Jahr
Der Schweizer Film war nach Meinung der Filmgestalter noch nie so vital wie jetzt, gleichzeitig war aber noch niese wenig Geld dafür vorbanden. Der eidgenössische Filmkredit sie nie massiv erhöht worden, obwohl sich die Anzahl der beim Bund eingereichten Filmprojekte in den letzten Jahren vervielfacht habe und die Herstellung der Filme massiv teurer geworden sei. Allein dieses Jahr werden nach Angaben der Filmemacher rund 200 Projekte eingereicht werden, deren Budget sich zwischen 50’000 und 2,4 Millionen Franken bewegt.

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Berlinale 11: EL PREMIO

Paula Galinelli Hertzog in 'El Premio' von Paula Markovitch
Paula Galinelli Hertzog in 'El Premio' von Paula Markovitch

Ebenfalls um Vergangenheitsbewältigung ging es im zweiten Wettbewerbsbeitrag. Und dieser hat ziemlich zu überzeugen vermocht. Es ist die mexikanisch/französisch/polnisch/deutsche Koproduktion El Premio von Paula Markovitch. Darin geht es um Argentinien während des faschistischen Regimes. Erzählt wird die (autobiographische) Geschichte eines siebenjährigen Mädchens, das nur weiss, dass es seine wahre Identität nicht preisgeben darf, weil der Vater verschwunden ist und die Mutter sich verstecken muss. Cecilia möchte aber ein normales Leben führen, zur Schule gehen, mit Freundinnen spielen – und vor allem auch ihrer Mutter gefallen, die in ihrer Verzweiflung und Angst das Mädchen ziemlich grob behandelt. Der Film nimmt konsequent die Perspektive des Kindes ein, das zwar weiss und zu spüren bekommt, dass etwas nicht so ist, wie es sein sollte, das aber nicht wirklich verstehen kann, was tatsächlich läuft.

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Berlinale 11: MARGIN CALL

Kevin Spacey in 'Margin Call' von JC Chandor
Kevin Spacey in 'Margin Call' von JC Chandor

Kann man nach drei Filmen (davon nur zwei im Wettbewerb) schon von einem Trend sprechen? Einem Minitrend vielleicht. Berlinale-Chef Dieter Kosslick ist bekannt dafür, dass er dem Wettbewerb jeweils eine thematische Färbung verleiht. Bis jetzt war diese Färbung „Vergangenheitsbewältigung“: Im Eröffnungsfilm True Grit sahen wir die Auseinandersetzung mit dem Wilden Westen und dessen Demontage bzw. Domestizierung durch Bürokratie und Buchhaltertum. Im ersten Wettbewerbsfilm, Margin Call von JC Chandor wird ein Stück jüngster Geschichte verarbeitet: die Finanzkrise von 2008. Oder es wird zumindest der zaghafte Versuch gemacht, wenigstens eine Ahnung zu vermitteln, was denn nun eigentlich geschah an der Wall Street in den Hypothekenbanken, das zu dieser historischen Krise geführt hat und viele „normale“ Menschen mit kleinen und mittleren Hypotheken in den Ruin getrieben hat. Von denen allerdings ist nicht die Rede im Film des jungen Regisseurs und Autors, der für sein Projekt eine illustre Schauspielerriege gewinnen konnte:

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Filmpodcast Nr. 220: Das Ende ist mein Anfang, Natalie Portman, James Dean, Banksy, Romans d’ados, Mit dem Bauch durch die Wand

Portman Dean Kutcher Montage©sennhauser
Portman Dean Kutcher Montage©sennhauser

Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. Bruno Ganz spielt in Das Ende ist mein Anfang, Natalie Portman mit Ashton Kutcher in No Strings Attached, mit sich selber in Black Swan und mit uns im Oscar-Zirkus. James Dean wäre 80 geworden und Banksy’s Exit through the Gift Shop ist auf DVD erschienen. Brigitte Häring hat sich mit Beatrice Bahkti über Romans d’ados unterhalten und mit Anka Schmid über ihre Teenager-Mütter in Mit dem Bauch durch die Wand.

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Berlinale 11: TRUE GRIT

'True Grit' © Universal Pictures International (Schweiz) GmbH

Es sei nicht beabsichtigt gewesen, einen Western zu drehen, sagte Joel Coen anlässlich der Pressekonferenz zur Eröffnungsvorstellung des Films True Grit. Sie hätten lediglich ein Buch verfilmt, dessen Geschichte halt in Arkansas in den 1870er Jahren spiele, und das sei halt nun zwangsläufig im „Wilden Westen“. Aber ihr Film sei eigentlich ein „Western aus Zufall“. Absicht oder Zufall – der Film der Coen Brüder IST ein Western. Und was für einer. Zusammen mit ihrem Stamm-Kameramann Roger Deakins haben sie (wiedermal) ein Werk geschaffen, in dem jedes Bild episch ist, jede Textzeile sitzt und in dem die Figuren echte Charaktere sind. Und dass Jeff Bridges locker den übermächtigen Western-Helden John Wayne vergessen spielt, war zu erwarten – da hätte es nicht die mantragleichen Bemühungen der Coens gebraucht, sich vom gleichnamigen Film von 1969 zu distanzieren. Sie hätten den Film nie geschaut und kaum gekannt, betonten die Brüder – Vorlage sei lediglich der Roman (Charles Portis, 1968) gewesen. Man mag dies glauben oder nicht (einige Bilder und ganze Szenen sind verdächtig dem Vorgänger ähnlich);

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Exit through the Pet Shop

Diese wunderbare (Trailer-)Parodie auf Banksy’s Exit through the Gift Shop habe ich eben bei FilmDetail gefunden. Featuring Keyboard Cat, no less!

Ivo Kummer ist der neue Filmchef

Ivo Kummer

Jetzt ist es offiziell, und schneller als erwartet. Kaum sind die Solothurner Filmtage vorbei, wird ihr langjähriger Direktor als Nachfolger von Nicolas Bideau angekündigt. Nicht wirklich überraschend, wenn man ihm vor und während den Filmtagen genau zugehört hat. In jedem Interview, bei jeder Rede, auch während der Eröffnung der Filmtage, hat er schon so gesprochen, dass seine Worte auch offiziell und aus Bundessicht funktionieren konnten. Versöhnung, Beruhigung, konstruktive Zusammenarbeit: All das, was Bundesrat Didier Burkhalter sich wünscht, soll Ivo Kummer nun als Filmdiplomat an den runden und eckigen Tischen durchsetzen. 57 Wahnsinnige hätten sich um den Job beworben, habe ich hier im Blog schon gespottet. Ivo Kummer immerhin weiss genau, worauf er sich einlässt, und damit hat sein Wahnsinn hier doch zuversichtlich stimmende Methode. Viel Glück Ivo, das ist einer der härtesten Jobs der Schweiz.

Radiokommentar im DRS2aktuell vom 5. Februar 2011:

Und hier noch der samstägliche DRS4-Kulturstammtisch zum Thema, mit Marcy Goldberg und mir, Gesprächsführung Eric Facon:

SFT 11: Solothurner Film-Talks zum Nachhören

Film Club II SFT11
Film Club 2, moderiert von Catherine Ann Berger

Hier noch ein Nachtrag zu den Solothurner FIlmtagen 2011: Es gab eine ganze Reihe von Talks und Podiumsdiskussionen. Im Film Club diskutierten ausländische Kolleginnen und Kollegen über Schweizer Filme, im Film Club II zum Beispiel Andreas Kilb («FAZ»), Isabella Reicher («Der Standard») und Susan Vahabzadeh («Süddeutsche Zeitung») unter der Leitung von Catherine Ann Berger («SF») über Sennentuntschi von Michael Steiner, Satte Farben vor Schwarz von Sophie Heldmann, Manipulation von Pascal Verdosci und Jean-Stéphane Brons Cleveland vs Wall Street. Sämtliche Talks wurden im Auftrag der Filmtage mitgeschnitten und sind nun als Downloads verfügbar.

Wer Lust hat, kann Catherine Ann Bergers oben genannte Runde aber auch gleich hier hören:

Trennbalken 46. Solothturner Filmtage

Filmpodcast Nr. 219: Goodnight Nobody, Manipulation, Brandauer, DVD Wätterschmöcker

Sebastian Koch und Klaus Maria Brandauer in 'Manipulation' ©Ascot-Elite
Sebastian Koch und Klaus Maria Brandauer in 'Manipulation' ©Ascot-Elite

Kino im Kopf mit Michael Sennhauser. Zwischen den Solothurner Filmtagen, die wir eben hinter uns gebracht haben und der Berlinale, die nächste Woche beginnt, stellen wir heute den Dokumentarfilm Goodnight Nobody vor und die DVD Wätterschmöcker. Mit Klaus Maria Brandauer habe ich über die Diggelmann-Verfilmung Manipulation geredet. Dazu Kurztipps und Tonspur, wie gewohnt.

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