Der Erstlingsfilm der australischen Autorin wird kaum die goldene Palme gewinnen. Dazu ist er zu kühl, zu spröde, zu provozierend. Erzählt wird in klinisch sauber kadrierten und ausgeleuchteten Szenen aus dem Leben einer jungen Frau. Sie studiert zwar, offenbar Mathematik, aber sie ist vor allem damit beschäftigt, Geld zu verdienen. Als Putzfrau in einer Kneipe, als Kopiermädchen in einem Büro, als Gelegenheitscallgirl für spezielle Anlässe. Sie kümmert sich um einen gleichaltrigen Alkoholiker, der langsam dem Freitod entgegendriftet, lässt sich am Abend provozierend und kühl auf Sexabenteuer mit männlichen Barbesuchern ein und unterhält offenbar mit ihrem Einkommen auch noch eine alkoholkranke Mutter. Das sind die sichtbaren Eckwerte ihres Lebens. Ach, und sie wird noch aus der Wohngemeinschaft verdrängt, in der sie zu Beginn des Films haust.
Aber das sind alles eher Äusserlichkeiten, denn im Kern ist der Film nicht zuletzt eine Wiederaufnahme etlicher Motive aus Pasolinis Salõ.
Das zeigt sich am deutlichsten in jenen Szenen, in denen die junge Frau ihren ersten Job für ihre neue Madame übernimmt – als Serviererin unter etlichen anderen Serviererinnen, die halb nackt einer seltsamen Gesellschaft von älteren Herren und einer Dame aufwarten. Da stellt Leigh in einzelnen Momenten ganz klar Einstellungen von Pasolini nach. Wenn dann viel später einer der alten Männer direkt in die Kamera Ingeborg Bachmann rekapituliert und sich herausstellt, dass der lukrativste Job der jungen Frau die titelgebende schlafende Schönheit sein wird, dann schliesst sich der Kreis der Perversionen: Sie lässt sich mit einem starken Schlafmittel betäubt in ein grosses Bett legen, ohne zu erfahren, was dort mit ihr angestellt wird – als Zuschauer sind wir allerdings dabei.
Der Film hat viele Ebenen, und keine ist in sich völlig schlüssig. Es gibt wunderbare, auch witzige Momente, etwa, wenn die Frau in einem Spy-Shop eine Mikrokamera kaufen möchte, um selber herauszufinden, was mit ihr im Schlaf getrieben wird, und sie den Verkäufer kaum dazu bringt, sich von ihrem Videobild loszureissen und sie persönlich zu bedienen.
Sleeping Beauty ist hochkomplex und sehr intelligent konstruiert. Es ist wohl eher ein Film über Ohnmacht als über Macht, denn auch die machtausübenden alten Männer sind nur noch Schatten ihrer selbst. Und im Gegenzug ist die junge Frau nicht einfach ein arithmetisches Opfer wie in ähnlich gelagerten Geschichten, sondern eine komplexe Gefangene, ein selbstzerstörerisches Schneewittchen im selbst gebauten Glassarg. Dass die Eigendistanz, welche die Hauptfigur einhält, auch vom Film eingehalten wird, sorgt allerdings für seine Sprödigkeit, mitunter hatte ich fast das Gefühl, in einem genderverdrehten Haneke zu sitzen.
Von Minute zu Minute habe ich gehofft, dass der Film nun endlich besser wird….vergebens. Schon viele Filme waren schlecht die ich gesehen habe, aber dieser Film ist mit Abstand und ohne Übertreibung der absolut grösste NonSense den ich gesehen habe. Denselben Film habe ich einer Bekannten gezeigt, welche ebenfalls schwer davon enttäuscht wurde. Was ist der Sinn des Films, wo der Höhepunkt….? Während dem ganzen Film bin ich nicht ganz gestiegen wo hier der tiefere Sinn dahiner sein soll. Der Schluss passt perfekt zu diesem Film, wie der Rest endet er völlig (entschuldigen Sie diesen Ausdruck) beschissen. Freundliche Grüsse Gregor Kaufmann