SFT12: MY GENERATION von Veronika Minder

'My Generation' von Veronika Minder ©filmcoopi

Mit ihrem wunderbaren, witzigen Katzenball von 2005 hat die Bernerin Veronika Minder die Erwartungen an ihren neuen Film hochgeschraubt. My Generation hat eine täuschend einfache Prämisse: es geht um in der Schweiz lebende Menschen mit Jahrgang 1948, Männer und Frauen mithin, die zu Veronika Minders eigener Generation gehören und die im längst legendären 1968 im richtigen Alter waren, um am gesellschaftlichen Veränderungsprozess aktiv teilzunehmen – oder eben nicht. Dazu hat Veronika Minder eine ganze Reihe von Leuten interviewt und mit der Kamera besucht, welche die Grundvoraussetzung erfüllten, sonst aber möglichst diverse Hintergründe und Biografien aufweisen.

Der fertige Film konzentriert sich auf sechs von ihnen: Patrizia Habegger, Uschi Janowsky, Fredy Studer, Mary-Christine Thommen, Willi Wottreng, Jean-Pierre Ruder. Dass dabei die Männer, vor allem der Journalist Wottreng und der Jazz-Schlagzeuger Studer mehr oder weniger öffentliche Figuren sind, die Frauen dafür eher ‚klischee-typisch‘ (das Hippiemädchen, die „SFT12: MY GENERATION von Veronika Minder“ weiterlesen

SFT12: MÉNAGE À TROIS von Natalie Pfister und Frank Haller

'Ménage à trois' von Natalie Pfister und Frank Haller

Zu den schönen Präsentationsmöglichkeiten, welche die Solothurner Filmtage zu bieten haben, gehört auch die kluge Kombination unterschiedlicher Filme. Insbesondere bei den Dokumentarfilmen, die grossenteils in fernsehtauglicher Länge von unter sechzig Minuten vorliegen, ist da mancher fruchtbare Kontrast möglich. Heute morgen trafen da im Landhaus Christian Kunz‘ Halbstünder Von Mann zu Mann über eine Männerselbsterfahrungsgruppe im Schwitzhüttenritual und Pfister/Hallers Alters-WG-Doku auf einen überraschend vollen Landhaus-Saal.

Ob die Filmemacher besonders viele Freunde haben, oder ob die Themen tatsächlich so eine populäre Ausstrahlung haben, ist schwer zu entscheiden; das Publikum hat auf jeden Fall bei beiden Filmen sehr lebhaft reagiert, vornehmlich mit fröhlichem Lachen. „SFT12: MÉNAGE À TROIS von Natalie Pfister und Frank Haller“ weiterlesen

SFT12: COURAGE von Greg Zglinski

Courage

Mit Tout un hiver sans feu von 2004 wurde Zglinski zum Schweizer Filmpreisträger. Und mit seinem jüngsten Spielfilm, einer polnischen Produktion, zeigt er erneut ein Können und eine Sorgfalt, die begeistern. Es ist eine Geschichte brüderlicher Rivalität, die sich fast spielerisch anlässt, mit einer rasanten und riskanten Autofahrt, einem Rennen mit einem Zug, das der ältere Bruder riskiert und der jüngere erleidet, eine Vorwegnahme der zentralen Tragödie.Die GEschichte ist eben so komplex wie einfach, gut eingebettet in ein geschäftliches Milieu, das für sich schon Interesse weckt. Betreiben die beiden Brüder doch einen lokalen Internetservice – allerdings könnte das genauso gut eine Grossbäckerei sein, oder eine Wäscherei. Entscheidend ist,

dass Zglisnki eine ungeheure Sorgfalt verwendet auf die Figurenzeichnung. Und dass seine Schauspieler eine unaufgeregte Selbstverständlichkeit an den Tag legen, die fasziniert.

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SFT12: TERRA von Kevin Merz

'Terra' von Kevin Merz ©amka films

Erstaunlich viele Künstlerportraits sind zu finden im diesjährigen Programm der Filmtage. Aber das hat auch damit zu tun, dass in der Schweiz traditionellerweise viele Dokumentarfilme gedreht werden, und dass der Autoren-Film grundsätzlich eine selbstreferentielle Komponente hat. In anderen Worten: Jedes Künstlerportrait ist auch bis zu einem gewissen Grad ein Selbstportrait jener, die filmen. Das zeigt sich auch an Terra von Kevin Merz, der diesen Film seinem bei einem Unfall verstorbenen Luganeser Jugendfreund widmet. Weil der posthum Protraitierte nicht nur Künstler war, sondern auch Junkie, entwickelt sich diese Dynamik, die mich zuletzt in Duisburg bei Britta Wandaogos Nichts für die Ewigkeit erschüttert hat.

Als Zuschauer packt mich bei diesen Filmen immer das grosse Reissen, das Zerren zwischen der Wut über die Schwäche der Abhängigen und dem Verständnis für ihre Situation und ihren Hintergrund. „SFT12: TERRA von Kevin Merz“ weiterlesen

SFT12: NICHT DAS LEBEN von Christine Repond

‚Shooting Dolores‘ in ‚Nicht das Leben‘ ©allaryfilm

Da ist dieser Moment, in dem Florian den Bandkollegen eröffnet, dass er Vater wird. Es entsteht eine unbehagliche Stille, ein Gemisch aus Freude und Schock. Dabei hat der älteste der Jungs schon zwei Kinder, sein Sohn ist 17 und hat auch schon mit der Band als Gitarrist geprobt. Denn das ist der Ankerpunkt von Nicht das Leben: Die „Jungs“ sind keine mehr, sie sind zwischen dreissig und vierzig. Und wenn einer von ihnen zu Beginn des Film trotzig erklärt, die Musik sei sein Leben, seine Lehre und sein Job als Drucker seien bloss ein notwendiges Nebengeleis, dann wird er das selber gegen Ende relativieren.

Christine Repond hat den lange Zeit im Limbo der Verleihlosigkeit schwebenden Neonazi-Spielfilm Silberwald (2010) gemacht, ein Film mit grossen Qualitäten und ein paar Schwächen, die bisher verhindert haben, dass sich jemand traute, ihn ins Kino zu bringen. Nun sieht es allerdings so aus, als ob die Produktion ihn doch noch auf ein paar Schweizer Leinwände bringen wird in diesem Jahr. „SFT12: NICHT DAS LEBEN von Christine Repond“ weiterlesen

SFT12: LA FAUTE À ROUSSEAU

'Emile de 1 à 5' von Lionel Baier
'Emile de 1 à 5' von Lionel Baier

Kurzfilme im Kontext, ein explosives Konzept. Auf die 300-Jahr-Feier des Philosophen Jean-Jacques Rousseau hin, die uns diesen Sommer ins Haus steht, wurde diese Kurzfilmreihe konzipiert, die ironisch den Fehler bei Rousseau sucht: La Faute à Rousseau. 50 gestandene und angehende Filmemacher haben je einen drei- bis fünfminütigen Kurzfilm realisiert, ausgehend von den Schriften Rousseaus. in Solothurn wurden heute (die?) fünf Westschweizer Beiträge in einem Block präsentiert, rotzfreche, witzige, provokative und zu Herzen gehende Momente der Auseinandersetzung mit gedanklichem Erbe und Kulturgut.

Im ersten, Leçon de mathématique von Jacob Berger, wird aus dem Off eine absurd-ironische Passage aus Rousseaus Confessions gesprochen, „SFT12: LA FAUTE À ROUSSEAU“ weiterlesen

SFT12: EINE WEN IIG, DR DÄLLEBACH KARI

Nils Althaus in 'Eine wen iig - dr Dällebach Kari' ©ascot-elite

Hätte es je ein Beispiel gebraucht, um aufzuzeigen, was sich seit 1970 in der Schweizer Filmlandschaft verändert hat: Xavier Kollers neuer Dällebach wäre ideal. Weiter entfernt von Kurt Frühs bis heute heiss geliebtem, skurril-poetischem, schwarzweissen Dällebach Kari von 1970, und näher beim heutigen Kinopublikum könnte man den Stoff kaum umsetzen. Koller hat seinen Film auf ein Theaterstück aufgebaut und mit kinomässigem Theaterdonner fängt er auch an: In Sturm und Regen fährt mitten in der Nacht vor einem Emmentaler Hof ein Einspänner vor. Es ist der Arzt, der Tellenbachs Vater rät, den Neugeborenen mit der Hasenscharte lieber im Brunnen zu ertränken – der sei nicht lebensfähig. Es sind die grossen Emotionen, welche Koller sucht und findet, und dies mit dem bewährten Flügelschlag des grossen Unterhaltungskinos.

Und doch leistet Eine wen iig, dr Dällebach Kari schliesslich mehr, als das Formelkino, dem er an der Oberfläche entlanggleitet: „SFT12: EINE WEN IIG, DR DÄLLEBACH KARI“ weiterlesen

Filmpodcast Nr. 269: Atmen, Solothurner Filmtage, James Bond, Halt auf freier Strecke.

'Halt auf freier Strecke' von Andreas Dresen ©filmcoopi

Kino im Kopf – mit Brigitte Häring. Die 47. Solothurner Filmtage haben begonnen – Michael Sennhauser berichtet aus der Barockstadt. Er hat ausserdem Karl Markovics Drama Atmen gesehen – und wir gratulieren Agent 007 zum runden Geburtstag. Dazu Tonspur und Kurztipps. Und ein langes Gespräch über den Film Halt auf freier Strecke, das Michael Sennhauser mit Andreas Dresen geführt hat.

Saugen: Filmpodcast Nr. 269 (Rechtsklick für Download). Hören:


filmpodcast

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SFT12: Full House für Kari

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Unter Applaus des deutlich gerührten Publikums stellt Xavier Koller nach der Uraufführung des neuen Dällebach sein Team vor.

SFT12: Viertel vor Dällenbach

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Die Reithalle in Solothurn füllt sich. Zwischen Parkett und Estrade stehen jene, die gesehen werden wollen. Oder sollen. Die Bundespräsidentin hat schon ihren point de presse absolviert, die Reden sind abgestimmt und redefertig. Beerli, Rohrer, Widmer-Schlumpf. Möge die Beste gewinnen :-)