Diagonale 12: SPANIEN von Anja Salomonowitz

'Spanien' ©Dor Film Petro Domenigg
‚Spanien‘ ©Dor Film Petro Domenigg

Das passiert mir selten, dass ich mich schon während der Vorstellung eines Films frage, was mir denn daran eigentlich nicht in den Kram passe. Spanien von Anja Salomonowitz ist ein sorgfältig gemachter, verschachtelter Episodenfilm – mit etlichen Pointen und etlichen grossartigen kleinen Einfällen. Aber genau daran mache ich auch mein leises Unbehagen fest. Die Geschichte involviert einen österreichischen Fremdenpolizisten, der obsessiv seine Exfrau stalkt, die Exfrau, welche Ikonen malt und Kirchen restauriert und dazu auch noch Magdalena heisst. Und einen Auswanderer, der nach Spanien wollte, aber eines Unfalls wegen in Österreich festsitzt und nun eben dem Dorfpfarrer zur Hand geht. Ach, und ein Spielsüchtiger Kranführer mit Frau und zwei Kindern ist auch dabei.

Das alles ist clever konstruiert und aufgebaut (und entpuppt sich zum Schluss als noch cleverer als gedacht). Aber mich hat der Film trotz smarter Musik und unheimlich schön ironischem Einsatz von sinnentleerten Religionssymbolen immer wieder ungeduldig gemacht.

Ich glaube, es hängt ausgerechnet an der Sorgfalt der Konstruktion. Gerade weil jede Sequenz auf eine Szenenpointe hinsteuert, wirkt das zwischendurch ermüdend. Und sorgfältig plazierte Pointen, wie die staubigen Finger, die sich der Fremdenpolizist holt, als er völlig automatisch in der in Restauration befindlichen Kirche ins Weihwasserbecken greift, stehen ausstatterischen Unsorgfältigkeiten gegenüber.

Da stehen zum Beispiel unter den schönen gebundenen Büchern im Gestell in der Wohnung von Magdalena unübersehbar drei der ominösen Readers-Digest-Kondensbücher. Die sind sowohl inhaltlich wie auch ästhetisch dermassen meilenweit entfernt von allem, was die Frau in ihrer Wohnung hat, dass man einen Fehler vermuten muss. Oder giftige Absicht (gehörten die dem Fremdenpolizisten? Sind sie gar der Grund für das Scheitern der Ehe?).

Aber letztlich ist es die Konstruktion des Films, die ihn harmloser macht, als er hätte sein können: Vieles ist früh erkennbar, anderes auf Binnenüberraschung getrimmt, und darüber entgleiten einem die Figuren, die sehr präzise angelegt sind – aber mitunter zu scharf geschnitten werden.

Spanien ist eine vielversprechende Talentprobe, noch etwas überproduziert, über-gescriptet und über-inszeniert. Vielleicht sollte Anja Salomonowitz ein bisschen schneller arbeiten nächstes Mal, ein wenig schlampiger, etwas instinktiver. Oder einfach verliebter ins eigene Material, nicht gar so clever und pointenversessen.

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