Diagonale 12: AUSGLEICH von Matthias Zuder

'Ausgleich' von Matthias Zuder ©HamburgMediaSchool

Kurzfilme sind – an Festivals – in erster Linie Talentproben. Sie leiden darunter, dass sie sich gegenseitig bedecken, sie werden gruppiert und zusammengepfercht. Dabei eignen sich die besten unter ihnen als Solotänzer, als Programmauftakt. So wäre Matthias Zuders zehnminütiger Ausgleich ideal für jede Diskussion um Gewalt, sei diese nun didaktisch ausgerichtet oder auch polemisch. Denn der Kurzfilm des Wieners, der an der Hamburger Filmwerkstatt Regie studiert, lässt sich nicht festlegen. Er hat diese ideale Offenheit, die einem den Haken ins Fleisch treibt.

Nach einem Drehbuch von Marie-Therese Thill nähert sich der Film in einfachen Einstellungen einer Deeskalation, einem arrangierten, begleiteten Treffen zwischen Opfer und Täter. Beide sind junge Männer, der eine wurde in einer U-Bahnstation massiv zusammengeschlagen, der andere war der Schläger. Und was zunächst aussieht wie eine soziale Massnahme, entpuppt sich als ziemlich vielschichtig, als die beiden ihre jeweilige Motivation zur Teilnahme vor sich selber aufdecken müssen. Der grosse Kunstgriff des Films ist der Einsatz einer zweifachen Rückblende. Einerseits gibt es ein kurzes Video des eigentlichen Gewaltaktes auf einem Telefon zu sehen, andererseits ist die begleitete Konfrontation verzahnt mit Szenen danach, in der sich die beiden Männer in der U-Bahn weiterhin anstarren. Bis aus dem Täter zum Schluss eine wahrscheinlich ehrliche Antwort herausbricht, die niemandem weiterhilft. Damit klicken sich die zehn Minuten des Films in der Erinnerung in jene Endlosschleife, in der sich die Diskussion um Gewaltbereitschaft und Gewaltprävention grundsätzlich befindet. Und das macht den kurzen Film verblüffend stark.

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