Paolo Sorrentino ist wohl tatsächlich der einzige zeitgenössische italienische Filmemacher der sich in der Nachfolge Fellinis versuchen darf. Aber auf den ersten Blick ist dieser monumentale Versuch, direkt an Fellinis Meisterwerken, insbesondere La dolce vita, anzuknüpfen, sagen wir mal: eigenartig. Und das spricht ja eigentlich dafür.
Auf den zweiten Blick ist La grande Bellezza ein opulentes, festives, ausuferndes Sehvergnügen, das doch vor allem von den Phantomen vergangener Zeiten lebt – und Sorrentino ist das wohl bewusst. Er schickt seinen Lieblingsschauspieler Toni Servillo in einer Marcello-Mastroianni-Rolle als Edelfeder Jep Gambardella durch die Nächte Roms, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der verlorenen Jugend.
Gambardella, einst ein vielversprechender Autor, der sich dann aber mit intellektuellen Stücken für die Presse durch die Tage und als Lebemann durch die Nächte pirschte, spürt das Alter und die Leere. Immer wieder zitiert er Flaubert, der einen Roman über Nichts habe schreiben wollen.
Toni Servillo ist wie immer magnetisch und hypnotisch, er trägt den Film überall dort, wo nicht die choreographierte Opulenz der Fellini-Imitation dominiert. Aber Servillo ist kein Latin Lover, so wenig, wie Mastroianni es in Wirklichkeit und in den Filmen war. Der Unterschied ist wohl der, dass Servillo nichts dagegen hätte, es zu sein, während Mastroianni sich zeitlebens davor grauste und sich nie recht erklären konnte, wie er zu der Aura gekommen war.
La Grande Bellezza ist ein Metafilm, auch wenn er es nicht sein möchte. Er lebt von den Träumen, die Fellini noch träumen konnte und leidet daran, dass Sorrentino sehr wohl weiss, dass der Traum vom süssen Leben heute nur noch nostalgisch wirken kann. Das gibt dem Film eine eigene Grösse, welche erst mit der Zeit und erst in der Nachwirkung zum Tragen kommt. Die Melancholie, welche Mastroianni als Fellinis Alter Ego durch die Filme trug, ist heute eine doppelte. Jep Gambardella trauert um ein Ideal, das er gar nie zu finden gehofft hatte, eine Unschuld, die er nie wirklich verlieren konnte.
Vielleicht liegt es an diesem durchaus tragischen Ballast, dass diese Herkules-Arbeit von Paolo Sorrentino nicht die Wucht und den Widersinn seiner ganz grossen Meisterwerke wie Il divo oder L’amico di famiglia erreicht. La Grande Bellezza wird immer wieder spürbar. Aber was von ihr zu sehen ist, hat die Form von Ruinen, Roms Ruinen, welche nicht nur von den Phantomen der Geschichte bewohnt sind, sondern auch von den Phantomen des grossen italienischen Filmschaffens von einst. La Grande Bellezza ist ein Monu-Meta-Film.