Dieser Film hatte von allen Wettbewerbsfilmen bisher die meisten Lacher (abgesehen von Lars von Triers Nymphomaniac, aber der lief ausser Konkurrenz). Und dabei ist Kraftidioten nicht unbedingt eine Komödie. Und wenn, dann eine rabenschwarze. Eine Art norwegischer Fargo. Der englische Filmtitel heisst In Order of Disappearance (In der Reihenfolge des Abtretens). Und genauso ist der Film strukturiert – nach den Leuten, die nach und nach abtreten. Und in diesem Fall heisst das natürlich sterben.
Es beginnt alles mit einem Mord an einem jungen Flughafenmitarbeiter. Dieser musste bei einer Abrechnung im Drogenmilieu quasi als (komplett unschuldiger) Kollateralschaden dran glauben. Der Vater, der eingewanderte Schwede Nils (Stellan Skarsgård), ist in seiner kleinen Gemeinde soeben zum Bürger des Jahres gekürt worden, weil er mit unglaublicher Sorgfalt und Hingebung die örtlichen Schneefräsen fährt und so den Weg in die Zivilisation freihält, wie es in der Laudatio heisst.
Weil die Polizei den Tod seines Sohnes als Unfall abtut, beginnt Nils mit gleicher Hingabe und Sorgfalt einen Rachefeldzug: er beginnt mit den kleinen Handlangern des Drogenkartells und arbeitet sich langsam hoch in Richtung Gangsterboss. Jeder Tote ist ein Unterkapitel des Films. Etwas Unordnung in diesen graden Rachefeldzug bringt eine serbische Organisation, die mit den Norwegern im Streit ist.
Nicht nur Stellan Skarsgård als wortkarger Bünzli auf Rachefeldzug ist grossartig in diesem Film. Es gibt viele, sehr lakonische Dialoge, wie man sie etwa aus Tarantinos Pulp Fiction oder auch aus den Filmen der Coen-Brüder kennt. Szenenapplaus gab’s für eine sehr einfache Erklärung der sozialen Ungleichheiten dieser Welt. Der Chauffeur des Obergangsters weiss Bescheid: Die im Süden sind arm, weil sie die warme Sonne haben. Sein Fazit: „Sonne oder Wohlfahrt, nie beides.“
Aber auch wenn solche Dialoge an das amerikanische Kino erinnern, hier sind sie gepaart mit dieser norwegischen Lakonie, die gleichzeitig die Lachmuskeln reizt und die Grenzen des im Kino noch Erträglichen auslotet. Mit den unglaublich schönen und auch witzigen Bildern (riesige Schneefräse in weissverschneiter Berglandschaft; Nils, der seelenruhig 15 Kilogramm Kokain, also „Schnee“ in den Schnee streut, die lange Zufahrt auf die Stadt Oslo in der Winterdämmerung) ist dieser Film ein ganz grosses Vergnügen.
Bruno Ganz ist übrigens auch drin: als wortkarger, serbischer Gangsterboss mit schwarzem Pelzkäppi.