JERSEY BOYS von Clint Eastwood

© Fox-Warner
© Fox-Warner Schweiz

Ein Musical, inszeniert vom ewigen Rauhbein Clint Eastwood? Und dann noch ein Musical über eine der bekanntesten Pop-Gruppen der 60er Jahre? Jersey Boys erzählt vom Aufstieg und Fall der „Four Seasons“ und ihrem Leadsänger Frankie Valli – und dass ausgerechnet Clint Eastwood diese Geschichte inszeniert, hat schon seine Logik.

„Big Girls don’t cry… ei… ei“, das ist einer der Evergreens von Frankie Valli und den Four Seasons. Und das war einer jener Hits, welche die vier jungen Männer aus New Jersey zur grössten Pop-Sensation vor den Beatles werden liessen, im Jahr 1962. Damals spielte der junge Clint Eastwood in der Western-Serie Rawhide den Cowboy Rowdy Yates (im Film ist ein kurzer Moment aus der Serie auf einem Fernsehschirm zu sehen) und wartete auf seinen eigenen grossen Durchbruch.

Clilnt Eastwood als Seriencowboy Rowdy Yates in 'Rawhide'
Clilnt Eastwood als Seriencowboy Rowdy Yates in ‚Rawhide‘

Ganz ähnlich wie der junge Francesco Stephen Castelluccio in New Jersey, der überzeugt war, als Sänger dem grossen Frank Sinatra den Rang ablaufen zu können. Aber zunächst verdiente er seine Brötchen verdiente ganz brav beim Quartier-Barbier – wo ihn auch der lokale Mafia-Pate schätzen lernte.

Und schliesslich schaffte es Castellucio ja tatsächlich – mit dem Pseudonym Frankie Valli und mit seiner einzigartigen Falsett-Stimme.

John Lloyd Young als Frankie Valli © Fox-Warner
John Lloyd Young als Frankie Valli © Fox-Warner

Clint Eastwood inszeniert mit Jersey-Boys eine amerikanische Aufsteiger-Geschichte aus seiner eigenen Aufstiegszeit heraus. Und gleichzeitig inszeniert er die typische Milieu-Geschichte wie wir sie aus der Godfather-Trilogie kennen oder aus den Filmen von Martin Scorsese. Denn diese Jersey-Boys, die als „The Four Seasons“ berühmt werden, kommen aus der gleichen italienisch geprägten Mafia-Nachbarschaft, der erste Erzähler im Film ist Bandleader und Gründer Tommy de Vito.

Vincent Piazza, Eric Bergen, John Lloyd Young und Michael Lomenda © Fox-Warner
Vincent Piazza, Eric Bergen, John Lloyd Young und Michael Lomenda © Fox-Warner Schweiz

Für junge Männer wie sie, erzählt De Vito, gab es damals bloss drei Möglichkeiten, überhaupt aus Jersey weg zu kommen: Zur Armee gehen, Gangster werden… oder berühmt werden.

Und genau das ist dann schliesslich das Problem der Four Seasons: Berühmt werden sie tatsächlich. Aber bei Tommy dominiert die Gangster-Seele jene des Musikers und darum folgt auf den schnellen Erfolg auch das baldige Ende. Übrig bleiben nur zwei der Vier: Frankie Valli und Hit-Komponist Bob Gaudio.

Der gleiche Bob Gaudio übrigens, der im Jahr 2000 das Musical Jersey Boys konzipierte und schliesslich im Jahr 2005 erfolgreich produzierte. Als sogenanntes Jukebox-Musical, also eines, in dem die Original-Songs plausibel auftauchen, an Konzerten oder im Aufnahmestudio, nicht als Handlungselemente.

So setzt auch Clint Eastwood den Stoff um, elegant und klassisch, und er bleibt dabei nahe an der Vorlage. Die vier Protagonisten als Erzähler hat er beibehalten, allerdings kommentieren sie im Film eher – und dies direkt von der Leinwand ans Publikum gewandt.

Jersey Boys ist in erster Linie ein Nostalgie-Stück, ein Film, der zurück blendet in die Blütezeit der modernen Musik-Industrie. Aber die Nostalgie bleibt dabei halbwegs realistisch, neben der Musik, den Kleidern und den Autos mit den grossen Heckflossen kommt die Milieuzeichnung durchaus zu ihrem Recht.

Und wer mag es dem heute 84jährigen Clint Eastwood verargen, wenn seine Sympathie ganz eindeutig beim heute 80jährigen Frankie Valli liegt?

 

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