Der aus Spanien stammende Bogliano ist eine der starken Kräfte im neuen lateinamerikanischen Genrekino. Wie schon mit Here Comes the Devil (am NIFFF 2013) entwickelt er den Plot von Scherzo Diabolico aus dem mexikanischen Alltag heraus.
Aram ist ein kleiner Anwalt in einer grossen Kanzlei, entwirft Strategien, um Gauner vor der Justiz zu entlasten und kommt Zuhause mit seiner Frau nicht mehr klar, weil er immer länger arbeitet und doch nie einen Gehaltserhöhung durchsetzen kann.
Schliesslich verweigert ihm sein Vorgesetzter auch noch die Auszahlung der geleisteten Überstunden, und da fasst Aram einen seltsamen Plan. Er kundschaftet, er schreibt Einkaufslisten («Energieriegel ohne Zucker, isotonische Getränke»), er erkundigt sich bei der Prostituierten, bei der er gelegentlich ausspannt, nach den besten Fesselmethoden, und er stoppt minutiös die Zeit des Nachhausewegs eines Schulmädchens.
Zuhause übt er das Tragen eine Kindes mit seinem kleinen Sohn und ein paar Pfannen, um das Gewicht richtig hinzukriegen. Und schliesslich entführt er das Mädchen, bindet es in einer abgelegenen leeren Fabrikationshalle mit einem Hundehalsband an eine Säule und lässt sie allein mit den Energieriegeln und den Getränken.
Hin und wieder kommt er wieder, zwingt sie mit einem Taser dazu, vor der Videokamera um ihr Leben zu betteln, oder sich auszuziehen – immer mit der Totenkopfmaske vor dem Gesicht und Handschuhen. Auf dem Parkplatz draussen kotzt er dann erst mal über seine eigene Gemeinheit und fährt wieder ins Büro.
Dort stellt sich nach einiger Zeit heraus, dass sein Chef ziemlich überfordert ist und das merken nach der Intervention einer neuen Kollegin auch die Firmen-Partner. Sie geben Aram die Stelle und werfen seinen Vorgesetzten hinaus. Und nun wäre alles gut, Aram hat Geld, ein neues Haus und seine Frau liebt ihn wieder.
Aber natürlich kommt es anders.
Bogliano entwickelt die Geschichte aus einem nur leicht klischierten mexikanischen Mittelstands-Alltag heraus, zunächst satirisch-realistisch, dann zunehmend bizarr: Arams Verhalten ist noch viel unverständlicher als seine Vorliebe für klassische Klavierstücke. Die Situation des Mädchens in seiner Gefangenschaft wird ausführlich gezeigt, das führt auch zum überraschenden Tod einer Ratte, welche die Vierzehn- oder Fünfzehnjährige im Schlaf in die Zehen gebissen hat.
Und dann folgt auf das immer wieder von Klaviermusik unterlegte Scherzo diabolico ein Finale furioso, das mit seinem Tempo, seinen Wendungen und seinen überaus unzimperlichen, blutigen und brutalen Momenten überrascht.
Auch hier wieder Genre-Kino mit starken Wurzeln im Gegenwarts-Alltag, wie es immer häufiger aus Lateinamerika zu sehen ist. Ein durchaus kommerzielles Autoren-Kino, das Grenzen überschreitet, sich um folkloristische Träume und eurozentrische dritte Welt Betroffenheit foutiert und sich überhaupt zuerst einmal um das urbane einheimische Publikum bemüht, den enorm grossen spanischsprachigen Kinomarkt.