Berlinale 16: DES NOUVELLES DE LA PLANÈTE MARS von Dominik Moll (Wettbewerb)

François Damiens © Michael Crotto
François Damiens © Michael Crotto

Dominik Moll brachte uns Harry, un ami qui vous veut du bien, Lemming, und Le moine. Filme, die sich der Klassifizierung entzogen, schockierende Mystery-Komödien mit schwarzen Kanten.

Berlinale_Balken_2016

Auch seinem neuen Anti-Helden Philippe Mars (François Damien) spielt er wieder übel mit. Aber mit etwas mehr Nachsicht und Versöhnlichkeit als früher.

Mars ist kein Planet in diesem Film, sondern ein geschiedener Software-Spezialist, der seine Teenager-Tochter und seinen etwas jüngeren Sohn liebevoll bekocht und erzieht, auch dann, wenn die beiden von der Mutter wieder einmal länger als geplant bei ihm abgstellt worden sind. Denn die Mutter ist Fernsehjournalistin und berichtet gerade mal wieder von einem EU-Gipfel.

François Damiens, Veerle Baetens © Michael Crotto
François Damiens, Veerle Baetens © Michael Crotto

So kommt sie Abends über den Bildschirm doch noch in die Stube, wo der Sohn sehnlichst darauf wartet, dass Mami in ihren Bericht irgendwo das Wort „Gurke“ einbaut. Sie tut es nicht, was ihren Ex-Mann wiederum enttäuscht, sieht er doch Gelegenheiten, die sie offensichtlich verpasst hat.

Über Tage hinweg wird das Leben von Philippe Mars fast unmerklich komplizierter. Der Sohn wird über Nacht zum Vegetarier, von der zielstrebig büffelnden Tocher muss er sich sagen lassen, er sei ein Loser. Und seine Schwester, eine radikale Künstlerin, stellt meuchlings ihren Taschenrattenhund in seiner Wohnung ab, als er sich weigert, das Vieh zu hüten.

Vincent Macaigne, François Damiens © Michael Crotto
Vincent Macaigne, François Damiens © Michael Crotto

Ja, und der Sohn bekommt SMS von einer dreizehnjährigen Klassenkollegin, die den Kleinen dazu auffordert, sie in den Arsch zu vögeln … was der Papa mit dem Filius einigermassen angemessen ausdiskutiert. Aber beim Versuch, den Vorfall dem Rektor der Schule zu vermitteln, kommt es zu weitreichenden Missverständnissen.

Noch nicht erwähnt haben wir die in der Schule geretteten Biologie-Frösche, den depressiven Kollegen, der Philippe mit einem Fleischhacker das Ohr abtrennt und sich dann nach der Flucht aus der psychiatrischen Klinik ausgerechnet bei ihm in der Wohnung einnistet … mit seiner neuen, vegetarischen, berührungphoben Flamme.

Das alles klingt hektischer, als es sich im Film anlässt. Tatsächlich ist die grosse Stärke von Dominik Moll weiterhin die Lakonie. Und das präzise Setzen von Pointen und running gags. Zu denen gehören Philippes verstorbene Eltern, die immer wieder auftauchen, glücklich lächelnd, immer kleiner werdend, und rührend um ihn besorgt.

Als er erklärt, er habe Kommunikationsprobleme mit seiner Tochter, fragt der Vater grinsend: „Du verstehst sie nicht mehr?“ Und dann hören Philippes verstorbene Eltern nicht mehr auf zu lachen, als er zerknirscht zustimmt.

Im Prinzip folgt Moll mit diesem Film der Struktur der Chaos-Komödie, jenen Klamauk-Filmen, in denen zunehmend alles aus dem Ruder läuft für die Protagonisten. Aber er bleibt seinem bisweilen sehr schwarzen, immer trockenen und vor allem vor nichts zurückschreckenden Humor treu. Und er bleibt mit aller Sympathie bei seinem Helden.

Am Ende ist das vielleicht zu versöhnlich. Aber vielleicht sieht Dominik Moll auch einfach das Leben versöhnlicher als noch vor zehn Jahren.

Des nouvelles de la planète Mars Dominik Moll
Dominik Moll

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