Cannes 16: PATERSON von Jim Jarmusch (Wettbewerb)

Adam Driver und Golshifteh Farahani in 'Paterson' von Jim Jarmusch © filmcoopi
Adam Driver und Golshifteh Farahani in ‚Paterson‘ von Jim Jarmusch © filmcoopi

Der jüngste Effort von Jim Jarmusch wirkt ein wenig wie das zum Langfilm ausgebaute Konzept von Coffee & Cigarettes, auch wenn definitiv nirgends geraucht wird. Paterson ist sowohl der Name der Stadt in New Jersey, wie auch der Figur von Adam Driver, der einen Paterson-Bus-Driver spielt.

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Die schöne Iranerin Golshifteh Farahani (About Elly) spielt Patersons Frau Laura. Sie ist allerdings massiv unterfordert mit der Rolle der schönen, liebenswerten, kreativen kleinen Hausfrau.

Zusammen mit einer Zwergbulldogge bilden Paterson und Laura eine Zelle des kleinen Glücks. Er dichtet in sein geheimes Notizbuch, bevor er seine Bus-Schicht beginnt am Morgen. Sie bäckt Cupcakes und dekoriert die Wohnung um, und überrascht ihn am Abend mit Kochexperimenten.

Nach dem Essen geht Paterson mit dem Hund raus und auf ein Bier in die Bar um die Ecke, wo er weitere schräge Jarmusch-Figuren trifft.

Das alles ist poetisch-skurril und Jarmuschy, aber auch ein wenig beliebig und nett. Statt um Musik dreht sich der Film nun vor allem um Gedichte und Dichter, der Humor und die Figuren erinnern mitunter eher an Woody Allen als an Vintage-Jarmusch.

Wirklich grosse Momente hat der Film, der sich an die sieben Tage der Woche hält, und täglich mit dem Aufwachen Patersons einsetzt, wie seinerzeit Groundhog Day, nicht wirklich viele. Da ist die Zwergbulldogge, welche sich am Donnerstag als Grund dafür entpuppt, dass der Briefkasten im Garten jeden Abend schief steht.

Adam Driver in 'Paterson' von Jim Jarmusch © filmcoopi
Adam Driver in ‚Paterson‘ von Jim Jarmusch © filmcoopi

Da ist das Notizbuch mit Patersons Gedichten, das er seiner Frau zuliebe endlich einmal kopieren sollte. Und da ist am Ende der japanische Dichter, der dem emotional etwas abgestürzten Paterson wieder auf die Füsse hilft: Aha (das ist ein Zitat, mit japanischem Akzent auszusprechen).

Liebenswert ist der Film fast durchgehend, witzig bisweilen, ärgerlich im Hinblick auf die totale Unterforderung der grossartigen Hauptdarstellerin.

Zusammenfassen kann man das mit den Worten einer Zehnjährigen, die in Paterson einen Dichterverwandten erkennt und sich begeistert zeigt: «Ein Busfahrer, der Emily Dickinson liebt».

Aha.

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