SECRET IN THEIR EYES von Billy Ray

Julia Roberts als Jessica Cobb 'Secret in their Eyes' © Impuls
Julia Roberts als Jessica Cobb ‚Secret in their Eyes‘ © Impuls

Vor sechs Jahren gewann ein Thriller aus Argentinien den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. El secreto de sus ojos erzählt von einem ungelösten Mordfall, der viele Jahre später noch einmal aufgerollt wird. Nun landet das unumgängliche US-Remake bei uns ins Kino – mit Starbesetzung.

In einem Abfallcontainer einer Garage in Los Angeles findet die Polizei eine unbekannte Frauenleiche. Weil die Szene im Jahr 2002 spielt, und weil die Garage an eine vom FBI im Zuge des «War on terror» der Bush-Administration observierte Moschee grenzt, stossen FBI-Special-Agent Ray Kasten (Chiwetel Ejiofor, «12 Years a Slave») und seine muntere Kollegin Jessica Cobb (Julia Roberts) zu den Polizisten.

Jess (Julia Roberts) und Carolyn Cobb (Zoe Graham) © Impuls
Jess (Julia Roberts) und Carolyn Cobb (Zoe Graham) © Impuls

Aber nach einem Blick auf die Leiche wird Ray bleich: «Das ist Carol, Jess, das ist deine Tochter!»

Natürlich dreht Jessica fast durch, und natürlich setzt das ganze Team alles daran, den Mörder zu finden und zur Verurteilung zu bringen. Auch die junge Staatsanwältin Claire Sloane (Nicole Kidman), in die sich Ray Kasten eben so diskret wie hoffnungslos verliebt hat.

Claire Sloan (Nicole Kidman) © Impuls
Claire Sloan (Nicole Kidman) © Impuls

Allerdings bildet eine US-Anti-Terror-Task-Force, die als Reaktion auf 9/11 zusammengestellt wurde, nicht das übliche Umfeld für einen Polizei-Thriller. Der mutmassliche Mörder von Claires Tochter ist bald gefunden – da er aber gleichzeitig ein wichtiger Informant aus dem Umfeld der unter Beobachtung stehenden Moschee ist, lässt ihn der zuständige Staatsanwalt unbehelligt.

Damit wären wir – auf dieser ersten Zeitebene – im Plot eines Dirty-Harry-Films. Frustrierte Polizisten, Staatsräson, welche die justiziable Gerechtigkeit aushebelt und ein Täter, der sich geschützt von oben auch noch über die Agenten lustig macht.

Aber eingesetzt hat der Film, wie schon das Original, Jahre später, genau genommen: Dreizehn Jahre später, in unserer Gegenwart. Ray Kasten, der seinerzeit frustriert den Dienst quittiert hat, taucht bei Staatsanwältin Claire auf, welche wie erwartet Karriere gemacht hat.

Ray und Jess © Impuls
Ray und Jess © Impuls

Er habe den Kerl gefunden. 696’000 Weisse sässen in den diversen US-Gefängnissen. Abend für Abend sei er die online durchgegangen… 13 Jahre lang… und in den nächsten Tagen solle er freikommen. Höchste Zeit also, das damals unterdrückte Verfahren endlich aufzurollen. Zumal Jess noch immer in der Abteilung arbeitet, ein Schatten ihrer Selbst zwar, aber nach wie vor eine gute Polizistin.

US-Remakes erfolgreicher fremdsprachiger Filme sind oft oberflächlich transferierte und sanitierte Kopien. Im diesem Fall aber ergibt die Verlagerung der ursprünglichen Geschichte aus dem postdiktatorischen Argentinien ins Terror-hysterische Los Angeles von 2002 eine reizvolle Veränderung der Ausgangslage. Zumal Regisseur und Drehbuchautor Billy Ray die Figurenkonstellation der Vorlage beibehalten hat – bis hin zur unterdrückten Liebe zwischen Ejiofors Agent und der von Kidmans Staatsanwältin.

Chiwetel Ejiofor © Impuls
Chiwetel Ejiofor © Impuls

Die Spannung zwischen Kidman und Ejiofor ist das romantische Element und gleichzeitig der «comic relief» in einer Geschichte, die ansonsten ziemlich düster angelegt ist.

Ray Kasten (Chiwetel Ejiofor) und Claire Sloane (Nicole Kidman) © Impuls
Ray Kasten (Chiwetel Ejiofor) und Claire Sloane (Nicole Kidman) © Impuls

Und das wiederum nutzt Julia Roberts, um einmal mehr ihrer Standardrolle in den romantischen Komödien entgegenzuwirken. Ihre Jess macht eine dramatische Wandlung durch, vom fröhlichen Kumpel zur depressiven, verhärmten, verbitterten Frau – eindrücklich und gnadenlos verlebt gefilmt von Kameramann Danny Moder, Julia Roberts Ehemann im richtigen Leben.

Julia Roberts als Jess Cobb © Impuls
Julia Roberts als Jess Cobb © Impuls

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