Locarno 16: DAO KHANONG (By the Time It Gets Dark) von Anocha Suwichakornpong (Wettbewerb)

Dao Khanong (3)

Die Thailänderin Anocha Suwichakornpong ist eine erfahrene Filmemacherin, und offenbar auch eine reflektierte. Jedenfalls ist Dao Khanong wahrscheinlich in erster Linie ein Film über das Filmemachen.

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In aller Regel sind gerade wir Filmjournalisten und -Kritiker die grössten Fans solcher Übungen, kommen sie doch im idealen Fall unserer eigenen Arbeit sehr nahe. Aber leider nicht ins diesem Fall.

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Locarno 16: VOR DER MORGENRÖTE von Maria Schrader (Piazza Grande)

Josef Hader als Stefan Zweig © filmcoopi
Josef Hader als Stefan Zweig © filmcoopi

Die allererste Einstellung dieses Films könnte auch die letzte sein. Ein Meer von Blumen, arrangiert in einem einzigen riesigen Gesteck. Die Kamera fährt leicht zurück, das Gesteck erweist sich als Gedeck. Es ist die riesige Festtafel im Speisesaal des Jockey-Clubs in Rio de Janeiro.

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Hier trifft sich im August 1936 die intellektuelle und die politische Elite Brasiliens zu Ehren des österreichischen Autors Stefan Zweig, der sich das Land als nächste Station seines Exils ausgesucht hat.

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Locarno 16: DER TRAUMHAFTE WEG von Angela Schanelec (Wettbewerb)

Der traumhafte Weg (4)

Der traumhafte Weg ist mehr als nur der Titel dieses Films, er ist sein Programm. Kunstkino vom Härtesten, eine Zumutung, fand hier der eine oder die andere.

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Dabei ist gleich darauf hinzuweisen: Die Zumutung, so es denn eine wäre, besteht sicher nicht in mangelnder Konsequenz oder Durchdachtheit. Bei diesem Film ist eine rücksichtslose Intelligenz am Werk, eine Verweigerung des standardisierten Erzählens.

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Locarno 16: LA IDEA DE UN LAGO von Milagros Mumenthaler (Wettbewerb)

Carla Crespo © Look now!
Carla Crespo © Look now!

Als sie hier in Locarno 2011 mit ihrem Erstling Abrir puertas y ventanas den goldenen Leoparden gewann, hatte Milagros Mumenthaler ihr kürzlich geborenes Kind dabei. Im Jahr darauf war noch ihr Kurzfilm Menuet zu sehen, entstanden im Rahmen der Westschweizer Reihe «La faute à Rousseau».

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Nun ist Mumenthaler mit ihrem zweiten Langspielfilm wieder im Wettbewerb von Locarno. Wer ihren Erstling mochte, wie ich, war gespannt. Wer ihn für seine scheinbare Leichtigkeit hasste, wie viele andere, hat auf Bestätigung gewartet. Ein bisschen enttäuscht wurden wir alle.

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Locarno 16: MARIJA von Michael Koch (Wettbewerb)

Sahin Eryilmaz (Cem), Margarita Breitkreiz (Marija) © frenetic
Sahin Eryilmaz (Cem), Margarita Breitkreiz (Marija) © frenetic

«Wenn Du sie nicht abziehst, ziehen sie dich ab», erklärt Cem (Sahin Erylmaz) der stumm empörten Marija (Margarita Breitkreiz) in einer der heruntergekommenen Wohnungen, die er überteuert an illegal eingewanderte Landsleute vermietet.

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Eben hat er einem verzweifelten Vater ungerührt dreihundert Euro abgeknöpft dafür, dass er ihm hilft, den Kindergeld-Antrag für seine drei kleinen Kinder auszufüllen und aufzugleisen.

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Locarno 16: O ORNITÓLOGO (The Ornithologist) von João Pedro Rodrigues (Wettbewerb)

Fernando, der Vogelkundler (Paul Hamy)
Fernando, der Vogelkundler (Paul Hamy)

Fernando, ein portugiesischer Ornithologe, ist mit dem Kajak unterwegs auf einem Fluss, auf der Suche nach wilden Störchen. Er kentert in den Stromschnellen und wird von zwei verirrten chinesischen Santiago-Pilgerinnen gerettet.

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Er verspricht, sie aus dem Wald zurück über die spanische Grenze zu führen. Aber am nächsten Tag erwacht er kunstvoll gefesselt, die Füsse im Wasser zwischen den Bäumen stehend.

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Locarno 16: PAULA von Christian Schwochow (Piazza Grande)

Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch) und Paula (Carla Juri) © filmcoopi
Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch) und Paula (Carla Juri) © filmcoopi

Die erste Einstellung zeigt ein hochformatiges Bild von hinten, gehalten von zwei Händen. Die Frau, die dahinter auf dem Sofa sitzt, klappt das Bild wie eine Zugbrücke herunter und nimmt dabei eine väterliche Standpauke entgegen.

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Sie ist ein fröhliches Biest, diese Paula Becker. Eine junge Frau mit Ambitionen jenseits der bürgerlichen Laufbahn, die sich ihr Vater für die 24jährige Tochter gewünscht hätte. Paula will malen, und nicht etwa Aquarelle mit Wiesenblumen, sondern richtig, und wild, in Worpswede, der kleinen Künstlerkolonie im Teufelsmoor bei Bremen.

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Locarno 16: INIMI CICATRIZATE (Scarred Hearts) von Radu Jude (Wettbewerb)

Lucian Teodor Rus, Alexandru Dabija, Serban Pavlu
Lucian Teodor Rus, Alexandru Dabija, Serban Pavlu

Ein junger Mann mit Knochentuberkulose wird von seinem Vater in ein Sanatorium gebracht. Da lebt er, unter anderen Leidenden, jahrelang. Die Patienten werden eingegipst, amputiert, punktiert, auf die Terasse an die Meerluft geschoben. Sie leben miteinander, durcheinander. Und immer wieder mal stirbt einer oder ein von ihnen.

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Dieser Zauberberg der vernarbten Herzen spielt in Rumänien. Im Film heisst der schwer kranke junge Mann Emanuel. Wie er in Wirklichkeit hiess, darüber gehen die Meinungen auseinander.

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Locarno 16: AL MA’ WAL KHODRA WAL WAJH EL HASSAN (Brooks, Meadows and Lovely Faces) von Yousry Nasrallah (Wettbewerb)

Al mawal Khodra (6)

Entweder steckt in dieser bollywoodmässig aufgeblasenen ägyptischen Dorfposse des 65jährigen Nasrallah eine Menge für uns unverständlicher politischer Sprengstoff. Oder aber die Auswahl dieses Films für den diesjährigen Wettbewerb von Locarno ist sein eigentliches Geheimnis.

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Die Geschichte zweier kochender Brüder, die zusammen mit ihrem Vater Hochzeitsgesellschaften und Trauerfeiern be-catern, spielt alle Irrungen und Wirrungen der Standardliebeskomödien durch. Der ältere Bruder ist seiner Cousine versprochen, liebt aber eine eben zurückgekehrte Witwe. Ein jüngerer Bruder ist Witwer, Frauenheld, und liebt eigentlich die Cousine.

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Locarno 16: MISTER UNIVERSO von Tizza Covi und Rainer Frimmel (Wettbewerb)

Mister Universo (3)

Tairo ist knapp zwanzig Jahre alt. Als Raubtierdompteur ist er mit einem kleinen Zirkus unterwegs, im Grossraum Rom. Einer seiner Tiger ist gerade gestorben, der andere zu alt für Auftritte. Der Löwe ist gereizt und mit bloss noch einem Tiger und einer Löwin ist die Nummer nicht mehr so spektakulär. Dann wird ihm auch noch sein Amulett gestohlen. Tairo traut sich kaum mehr in die Arena.

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Tizza Covi und Rainer Frimmel sind seit vielen Jahren unterwegs mit Zirkus- und Wanderartisten, vornehmlich in Italien. Ihre Dokumentarfilme aus einer verschwindenden Welt haben ihnen zahlreiche Preise eingetragen, ihre unnachahmlichen Dokufiktionen faszinieren jedes Mal. Vor vier Jahren haben sie hier in Locarno mit Der Glanz des Tages gleich drei Preise gewonnen.

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