Das US-Independent-Duo Benson und Moorhead hat eine Meisterschaft darin entwickelt, mit Ultra Low Budget und in Genre-Nähe überraschende, packende und vor allem spannende Filme zu machen.
Mit Spring haben sie vor zwei Jahren hier am NIFFF eine berührende und spannende Variante von «Beauty as the Beast» gezeigt. Und nun kombinieren sie den Sekten-Film mit dem Zeitschleifen-Paradox, einmal mehr ausgesprochen souverän.
Die beiden Filmemacher spielen ein Brüderpaar, der Einfachheit halber heissen sie Smith, Justin und Aaron Smith. Auf Initiative des Älteren haben sie vor zehn Jahren die sektenartige Naturgemeinde verlassen, welche die beiden Jungen nach dem Autounfalltod ihrer Eltern aufgenommen hatte.
Sie schlagen sich als Putzmänner mehr schlecht als recht durchs Leben und irgendwann bekommt der Jüngere ein Päckchen in die Finger mit einer kleinen, staubigen High-8-Videokassette. Das Band zeigt eine hübsche Frau, welche erklärt, sie seien im Camp jederzeit wieder willkommen, sie hätten sich wohl gerade verpasst.
Neugierde, Sehnsucht und wohl auch ein wenig Trotz treiben den Jüngeren dazu, auf einen Besuch im Camp zu dringen. Wenn schon auf sonst nichts, so hofft er zumindest auf eine abschliessende Begegnung.
Aber natürlich wird diese Rückkehr schliesslich ganz anders ausfallen, als es sich der eine und der andere ausgemalt haben. Zunächst hat der ältere Bruder seine liebe Mühe, die Idylle, die sie antreffen, verdächtig zu machen. Der Jüngere findet Erinnerungen und ein Leben, das gesund, sinnvoll und gemeinschaftlich wirkt. Die hübsche Frau bemüht sich sehr um ihn, und abgesehen von einer Reihe unerklärlicher, aber nebensächlicher Geschehnisse bewahrheitet sich das düstere Bild von der suizidalen Alien-Sekte, das sein Bruder stets beschwört hat, überhaupt nicht.
Benson und Moorhead spielen clever mit der Brüder-Dynamik und mit der Psychologie einer kleinen, autarken Lebensgemeinschaft mit ihren eigenen Regeln und Gebräuchen. Wenn einige davon, wie etwa das nächtliche Ziehen an einem Seil, das irgendwo in der Dunkelheit verschwindet und sehr unterschiedlichen Widerstand leistet, etwas seltsam anmuten, erklärt das Hal, der Wortführer im Camp, mit metaphorisch-symbolischer Gruppendynamik.
Seltsame Doppelungen in der Landschaftsperspektive, etwa zwei Monde am Himmel, werden als Spiegelung unterschiedlicher Luftschichten gedeutet, und andere kleine Phänomene, wie Fotos, die plötzlich auftauchen und Vorgänge zeigen, die eben erst passiert sind, als unerklärlich gedeutet und zunächst auch so hingenommen.
Die Atmosphäre wird laufend seltsamer, Spannungen unter den Camp-Mitgliedern und zwischen den Brüdern verstärken sich, aber alles bleibt in der Schwebe, auch für das Publikum. Handelt es sich tatsächlich um irgendeine höhere Macht, oder spielen die Menschen da seltsame Spiele? Jedenfalls scheinen sich Dinge zu wiederholen und Déja vue wird fast zur Regel.
Es gibt zwar ein paar Spezialeffekte in diesem Film. Aber in erster Linie sind es die Figurenzeichnung und die immer wieder umzudeutenden Ereignisse, welche die Spannung laufend steigern.
Zeitschleifen und Wiederholungsparadoxe sind dankbare filmische Konstrukte, auch wenn ihnen häufig die Logik abgeht. Im Falle von The Endless ist es allerdings gerade die fehlende Logik, welche das ganze Konzept plausibel und unheimlich macht. Und damit gelingt es Benson und Moorhead einmal mehr, mit einem Minimum an Mitteln ein Maximum an Kinobefriedigung zu erreichen.