Venedig 17: DOWNSIZING von Alexander Payne

Kristen Wiig und Matt Damon © Paramount Pictures

In den letzten Jahren hatte Festivaldirektor Alberto Barbera immer ein gutes Händchen bei der Wahl des Eröffnungsfilms. Spätere Oscargewinner wie Gravity oder letztes Jahr La La Land begeisterten und starteten eine längere Karriere.

Ob das mit Downsizing von Alexander Payne auch gelingt? Der Regisseur von Sideways, The Descendants und zuletzt dem wundervollen Nebraska mit Bruce Dern ist zumindest Garant für solide, feinfühlige und humorvolle Filme und hat auch schon mehrere Männchen bei sich stehen, sowohl als Drehbuchautor wie auch als Regisseur. Für Downsizing hat er sich, zusammen mit Jim Taylor, auf das Feld der Fantasykomödie gewagt. Und vielleicht etwa zu viel gewollt.

Der Film macht Spass, unterhält und hat Humor ­– und gute Figuren.

Er beginnt in Norwegen, wo Forscher seit Jahrzehnten an einer Lösung zur Überbevölkerung und Ressourcenverschleiss arbeiten. Bis einem von ihnen das Fantastische gelingt: Menschen auf rund zwölf Zentimeter zu schrumpfen. Die H0-Welt als Lösung.

Die eigentliche Handlung setzt zehn Jahre später ein. Auf der ganzen Welt sind Mini-Wohnparks entstanden, Menschen lassen sich schrumpfen, um als Winzlinge ein luxuriöses Leben zu führen. Denn in der kleinen Welt ist jeder Dollar tausendmal so viel wert.

Matt Damon auf dem Set mit Alexander Payne © Paramount Pictures

Die Hauptrolle spiel Matt Damon als Paul Safranek, ein Bewegungstherapeut, der eigentlich Arzt werden wollte, aber nicht konnte. Und so ist er ein biederer Firmenphysiotherapeut geworden, mit Minderwertigkeitskomplexen und einer unzufriedenen Frau.

Die beiden entschliessen sich zum Downsizing. Mit ihrem wenigen Ersparten können sie in Wohnpark «Leisureland» wie Millionäre leben. Oder besser: könnten. Denn als Paul aufwacht, ist er allein: Frau weg, Geld weg.

Der geträumte soziale Aufstieg wird zum realen «downsizing», zum Gesundschrumpfen. Gut, dass er bald den extrovertierten Serben Dusan (Christoph Walz in einer seiner witzigsten und besten Rollen seit Langem) und dessen Freund, den Kapitän Joris (Udo Kier) kennen lernt.

Die beiden sind zwar etwas gar verrückt, aber sie bringen den unglücklichen Paul ins Leben zurück. Und vor allem zusammen mit der resoluten vietnamesischen Putzfrau Gong Chien (Hong Chau), die in einem vietnamesischen Gefängnis zwangsgeschrumpft wurde.

Christoph Waltz, Hong Chau © Paramount Pictures

Das alles ist eine gut geschriebene Komödie, die unzählige Referenzen hat: Sie erinnert manchmal an die Truman Show, dann wieder an Swifts «Gullivers Reisen» und natürlich auch ein bisschen an frühere «Schrumpffilme» wie Innerspace oder Honey, I Shrunk the Kids – und immer an eine Modelleisenbahnwelt.

In der zweiten Hälfte des Films scheint die Begeisterung für ihre Geschichte mit den Autoren durchgegangen zu sein. Und so haben sie alles irgendwie reingepackt, was dieses Verkleinern der Menschheit so mit sich bringt, Überbevölkerung, politische Gefahren wie Zwangsschrumpfen und Diskriminierung, das Verkommen einer Utopie zur Dystopie, Klimawandel. Aber auch Freundschaft, Liebe, soziales Engagement und so weiter und so weiter.

Hong Chau © Paramount Pictures

Da bleibt Vieles nur angetippt was, mit etwas mehr Zeit erzählt, hätte toll werden können. Die Begeisterung der Filmemacher für das Thema ist immer spürbar, der Film unterhält auch ordentlich und man lacht gern und viel – aber weniger wäre hier mehr gewesen.

Grossartig sind allerdings Christoph Waltz als serbischer Lebenskünstler, Filou und Philosoph zugleich und Udo Waltz als Mini-Kapitän eines Minidampfers.

Alexander Payne hat schon bessere Filme gemacht, vor allem der wunderbare Nebraska, aber mit Downsizing hat er offesichtlich viel Spass gehabt und das illustre Premierepublikum in Venedig ebenso.

In den USA kommt Downsizing zur Oscarsaison ins Kino im Dezember 2017, in der Schweiz voraussichtlich im Januar 2018