Cannes 18: THE MAN WHO KILLED DON QUIXOTE von Terry Gilliam

Jonathan Pryce und Terry Gilliam © Ascot-Elite

Fünfundzwanzig Jahre hat Terry Gilliam gebraucht, um diesen Film endlich auf die Beine zu stellen. Zwei Hauptdarsteller sind in dieser Zeit gestorben, John Hurt und Jean Rochefort. Ihnen ist der Film gewidmet, in dem nun Jonathan Pryce und Adam Driver sich die Titelrollen teilen. Pryce ist Don Quixote, Adam Driver der Regisseur, der daran schuld ist. Terry Gilliam sind sie beide.

Der einstige Zusatz-Monty-Python Gilliam hatte dermassen viel Pech mit diesem Mammut-Projekt, dass es mehr Legenden dazu gibt, als Szenen im Film. Und mindestens einen Dokumentarfilm.

Terry Gilliam © Ascot-Elite

Die Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte des Films füllt einen langen, tragischen Wikipedia-Eintrag.

Terry Gilliam © Ascot-Elite

Und die Uraufführung zum Abschluss des 71. Filmfestivals von Cannes wäre beinahe wieder geplatzt, hat doch der portugiesische Produzent Paulo Branco, der zeitweilig als Retter des Films aufgetreten ist, gegen die Aufführung und den Kinostart in Frankreich geklagt. Letzte Woche wurde seine Klage vorläufig abgewiesen, das Festival von Cannes kann mit The Man who killed Don Quixote die diesjährige Preisverleihung abschliessen.

Adam Driver als Tony © Ascot-Elite

Und nun haben wir von den Medien den Film schon heute vorgeführt bekommen, als einzigen in Cannes, bevor er seine Galapremiere hat. Unter anderem darum, weil er in Frankreich gleich ins Kino kommen soll, und ihn die französischen Kritiker darum ohnehin schon gesehen haben.

Adam Driver als Tony und Olga Kurylenko als Jacqui hoch zu Ross © Ascot-Elite

Und? Wie ist er geworden? Überraschend, ausufernd, verblüffend, ermüdend auch. Urkomisch bisweilen, fantastisch dann wieder, wie meist bei Terry Gilliam. Und viel fröhlicher, trauriger, liebevoller als viele seiner anderen Meister- und Halbmeisterwerke.

Joana Ribeiro als Angelica, Adam Driver, Terry Gilliam © Ascot-Elite

Adam Driver als alter Ego des Regisseurs spielt den gefeierten Inszenierer Toby, der vor allem von Werbefilmen lebt, aber jetzt in Spanien einen neuen don Quixote zu inszenieren versucht. Mit einem alten Mann auf einem klapprigen Pferd, mit Windmühlen, einem dicken Sancho Panso, einem grossen Stab und Stellan Skarsgård als Financier.

Stellan Skarsgård ist «The Boss» © Ascot-Elite

Aber der Dreh ist kompliziert, nichts geht wie es soll, die Frau des Financiers stellt Toby nach, der Financier versucht, einen Deal mit einem russischen Wodka-Oligarchen an Land zu ziehen, und beim Abendessen gerät Toby über einen fliegenden DVD-Händler an eine Schwarzkopie seines ersten grossen Studentenfilmprojektes, einer Don Quixote Verfilmung, die er mit Freunden in einem kleinen spanischen Dorf gedreht hatte, mit dem Schuhmacher in der Titelrolle.

Jonathan Pryce und Terry Gilliam © Ascot-Elite

Von da an vermischen sich die Erinnerungen an den damaligen Dreh mit der Gegenwart und die beide Ebenen wiederum mit der längst zur Legende gewordenen Cervantes-Welt; Toby besucht das Dorf und stösst unter anderem auf den damaligen Schuhmacher, der sich mittlerweile tatsächlich für Don Quixote (Jonathan Pryce) hält und Toby zu seinem Sancho Panza macht.

Jonathan Pryce und Adam Driver © Ascot-Elite

Natürlich fehlen weder der Gaul Rosinante noch die schöne Dulcinella, denn auch die Unschuld der Tochter des Dorfwirtes hat Toby auf dem Gewissen: Er hat sie auf die Idee gebracht, Filmstar werden zu wollen. Und das kam nicht gut.

Terry Gilliams Film ist eine weitverzweigte Tragikomödie, eine wilde Farce, die alles mögliche reflektiert. Das Filmemachen an und für sich, die Romantik-Kritik des Cervantes, die Verantwortung des Künstlers und die Ernsthaftigkeit des Träumens – wie fast immer bei Terry Gilliam.

Adam Driver und Terry Gilliam © Ascot-Elite

Der Film ist zugleich stringenter und kompakter als Gilliams letzte Projekte, dichter und besser ausgestattet. Aber auch zwischendurch ähnlich ermüdend und überdeutlich.

Wahrscheinlich spiegelt der Film wie das Drehbuch auch den Umstand, dass die Träume immer grandioser sind, als ihre Umsetzung. Wenn einer 25 Jahre lang geträumt hat, kann die Umsetzung schlicht nicht alles umfassen. Aber dafür ist erstaunlich und erfreulich viel übrig geblieben in dem, was jetzt The Man who killed Don Quixote ist: Ein Terry Gilliam Film, der bleiben wird.

Terry Gilliam © Ascot-Elite

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